Apple setzt auf eigene Prozessoren für den Mac

Apple setzt auf eigene Prozessoren für den Mac

Von Hitzestau - 23.06.2020

Gestern hat mit der üblichen Eröffnungs-Keynote die Entwicklerkonferenz WWDC von Apple begonnen. Doch dieses Jahr ist alles anderes: die gesamte Veranstaltung findet zum ersten Mal nur online statt. Und sie markiert einen historischen Tag für Apple: Tim Cook verkündete offiziell, dass man in Zukunft für die Mac-Computer auf eigene Prozessoren setzen will.

Tim Cook begrüsste im leeren Steve Jobs Theatre die Zuschauer. Die Keynote war mit den verschiedenen Präsentatoren vorher an verschiedenen Orten des Apple Parks aufgezeichnet worden. Das ergab einen erfrischend neuen Stil und funktionierte ohne Live-Publikum eigentlich sogar besser. Und gleich zu Beginn wurde Tim Cook ungewohnt deutlich politisch, als er die Themen Rassismus, soziale Ungerechtigkeit und die Bewältigung der Corona-Pandemie ansprach.

Den grössten Knaller hob Apple sich für den Schluss des eindreiviertelstündigen Videos auf. Vor genau 15 Jahre hatte Steve Jobs anlässlich der WWDC 2005 den Wechsel von der PowerPC-Prozessoren zu Intel und der x86-Architektur verkündet. Jetzt macht Apple mit seiner Mac-Plattform den nächsten Schritt und setzt auf den eigenen Apple Silicon, den man bisher als A-Prozessor aus den iPhone’s und iPad’s kannte.

Quelle: Apple

Es war schon länger ein offenes Geheimnis, dass Apple mit Intel nicht mehr zufrieden war. Mit dem gestrigen Entscheid macht Apple sich unabhängig von den Intel-CPU’s, übernimmt aber auch mehr Verantwortung und Risiko. Aus strategischer Sicht ist der Schritt logisch: Das Erfolgsrezept von Apple, aufeinander abgestimmte Hardware und Software aus einer Hand zu liefern, hat schon beim iPhone und iPad zum Erfolg beigetragen. Nun können auch iMac, Mac mini, die Mac Book-Linien und der Mac Pro nach diesem Muster weiterentwickelt werden. Zudem wächst das Öko-System von Apple noch stärker zusammen, indem es noch einfacher wird, iPhone- und iPad Apps auf einem Mac laufen zu lassen.

Aus Sicht der Benutzer von Mac-Computern - und da gehören wir auch dazu - gab es natürlich eine brennende Frage: Sind damit mein iMac oder mein MacBook Pro jetzt über Nacht zum Alteisen degradiert worden? Bei Apple weiss man, dass man nicht nur die Entwickler und Programmierer vor neue Herausforderungen stellt, sondern dass man auch die eigenen Kunden nicht verunsichern darf. Mit Craig Federighi als kompetentem Präsentator stellte Apple gleich eine ganze Reihe von Tools und Massnahmen vor, die für Kunden und Entwicklern gleichermassen mögliche Ängste abbauen und den Übergang so reibungslos wie möglich gestalten sollen.

Apple verspricht, Intel-basierte Macs noch über mehrere Jahre hinweg zu unterstützen. Erste neue Geräte mit dem Apple Silicon sollen per Ende Jahr auf den Markt kommen, zudem sind sogar noch neue Computer auf Basis von Intel in der Pipeline. Insgesamt soll die Anpassung der gesamten Produktpalette rund zwei Jahre dauern. Software-seitig gibt es mehrere Hilfestellungen: Für Entwickler gibt es Universal 2 um Apps für Intel-basierte wie auch für Apple Silicon-basierte Geräte bereitzustellen. Zudem gibt es ein Wiedersehen mit der so genannten “Rosetta”-Engine. Rosetta 2 soll es für den Anwender möglich machen, Programme laufen zu lassen, die noch nicht für die neue Prozessor-Architektur angepasst wurden. Zudem nutzt Apple die Virtualisierungs-Technologie, um Entwicklern mehr Möglichkeiten zu bieten, wie etwa mit Linux zu arbeiten.

Ob die gesamte Umstellung dann wirklich so glatt verläuft wie an der Keynote versprochen, muss man abwarten. Aber man darf nicht vergessen, dass Apple für die gestrige Ankündigung jahrelange Vorarbeit geleistet hat und im macOS schon Anpassungen wie die Streichung der 32bit-Unterstützung vorgenommen hat. Wer sich jetzt einen Mac anschaffen will, wird es in den nächsten zwei Jahren sicher nicht leichter haben, den geeigneten Zeitpunkt für den Kauf zu finden.

Es gab schon länger keine Keynote mehr, wo Apple den oft zitierten Spruch “we love the mac” so deutlich spürbar machte. Denn passend zur neuen Hardware-Basis gab es auch den Ausblick auf das neue macOS mit dem Namen Big Sur. Die neuste OS-Version trägt den Namen eines Küstenstreifens unterhalb der San Francisco-Region. Für Big Sur hat Apple das gesamte visuelle Erscheinungsbild der Software überarbeitet - und stärker an den Stil von iPadOS und iOS angepasst. Die Version wird neu mit der Versionsnummer 11 geführt, wie man gestern der Anzeige auf dem Bildschirm bei einer Live-Demo entnehmen konnte. Dies bedeutet den endgültigen Abschied von “Mac OS X”. Diese Bezeichnung wird schon offiziell seit 2016 nicht mehr verwendet, als der Name auf “macOS” geändert wurde.

Und natürlich gibt bei allen Software-Plattformen viele neue Funktionen und Möglichkeiten, die das Alltags-Leben von uns Anwendern noch einfacher machen sollen. Persönlich am besten gefallen hat uns die Weiterentwicklung beim iPadOS. Endlich bekommt der Apple Pencil echte Handschrift-Fähigkeiten: In ein Textfeld geschriebener Text wird automatisch umgewandelt, handschriftliche Notizen können kopiert und als Text in ein anderes Programm eingefügt werden. Die Umwandlung von Handschrift in Text findet dabei komplett auf dem eigenen Gerät statt damit Sicherheit und Privatsphäre gewahrt bleiben. Das iPad bekommt mit diesem Update auf iPadOS 14 ein paar echt neue Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten, die den Umgang mit dem Tablet noch natürlicher machen.

Quelle: Apple

Eine andere interessante Neuerung ist die Übersetzungs-Funktion. Auf den Mobilgeräten steht sie als App zur Verfügung, um Gespräche in Echtzeit in 11 verschiedene Sprachen zu übersetzen. Im Safari-Browser unter macOS besteht zudem die Möglichkeit, sich jede beliebige Webseite direkt übersetzen zu lassen.

Für alle angekündigten Sofware-Updates gilt: Entwickler haben ab sofort Zugriff auf die Beta-Versionen, im Juli soll es auch so genannte “Public Betas” geben. Für alle Kunden werden die Updates dann offiziell im Herbst zur Verfügung stehen.

Neben all den Software- und Hardware Neuigkeiten hat Apple uns als Zuschauer auch noch mit anderen Inhalten den Mund wässrig gemacht. Der Trailer für Foundation lässt hoffen, dass gutes Science-Fiction noch nicht ganz tot ist. Diese Serie basiert auf der gleichnamigen Roman-Serie von Kult-Autor Isaac Asimov und soll leider erst im Jahre 2021 bei Apple TV+ zu sehen sein.

Wer mag, kann hier im Video die gesamte Keynote anschauen. Sie ist vollgepackt mit Informationen zu allen kommenden Neuerungen und lässt neben den bekannten Gesichtern wie Tim Cook und Craig Federighi auch viele andere Mitarbeitende von Apple zu Wort kommen.