Zeitmesser und ihre Geschichte - Durchbruch der Armbanduhr

Zeitmesser und ihre Geschichte

Durchbruch der Armbanduhr

Von Hitzestau - 21.12.2015

Nachdem wir im ersten Teil die Geschichte der Zeitmessung von der Antike bis zum Mittelalter verfolgt haben, konzentrieren wir uns im Folgenden auf die Entwicklung der Armbanduhr. Möglich wurde diese durch verbesserte Fertigungstechniken und Materialien, was den Bau kleinerer Uhrwerke erlaubte. Auch gesellschaftliche Veränderungen spielten eine grosse Rolle: Im Mittelalter war die Zeitmessung zuerst ein Bedürfnis der Klöster gewesen. Mit dem Aufkommen des Handwerks, des Warenhandels und später der Industrialisierung wurde Zeitmessung in immer mehr Bereichen des Lebens unverzichtbar.

Miniaturisierung

Nachdem die Zeit also objektiv messbar und einteilbar geworden war, trennten aber immer noch ein paar technische Entwicklung die damaligen Uhren von den uns heute geläufigen Armbanduhren. Im Zeitalter der Renaissance gelangen zwei wichtige Entwicklungsschritte, welche es möglich machten, kleinere Uhren zu bauen. Andere Materialen und bessere Werkzeuge erlaubten es, die Uhren schrittweise zu verkleinern. Durch die Verwendung von Messing für die Zahnräder konnten diese wesentlich kleiner gefertigt werden. Zum Antrieb der Uhrwerke waren bisher Gewichte verwendet worden. Mit der Erfindung des Federantriebs wurde es technisch machbar, Uhren bis auf Taschengrösse zu verkleinern.

Für Uhrwerke und –antriebe wurden verschiedene Techniken entwickelt, genau so entstanden Gehäuse in den unterschiedlichsten Grössen und Stilen. So wurden tragbare Uhren bereits ab dem 15. Jahrhundert als Taschenuhren gebaut. Die erste Armbanduhr wurde 1810 vom Schweizer Uhrmacher Abraham Louis Breguet für die Königin von Neapel gebaut. Gesellschaftlich gab es zur damaligen Zeit eine klare Trennung, die noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Gültigkeit behalten sollte. Das Tragen von Uhren am Handgelenk galt als Frauensache, Herren benutzten weiterhin die Taschenuhr.

Taschenuhr.
Quelle: hitzestau

Industrialisierung

Für die Verbreitung der Uhr und ihren Einzug in den Alltag der Menschen war nicht nur die technische Entwicklung verantwortlich, sondern auch die Veränderungen in der Produktion. Ab dem 17. Jahrhundert entstanden in verschiedenen Ländern Europas Zentren des Uhrmacherhandwerks, die auch regional geprägte sehr unterschiedliche Typen und Gehäuse hervorbrachten. Brennpunkte der Uhrmacherei waren zu dieser Zeit die Niederlande und England. In der Schweiz entstand schnell eine Spezialisierung auf tragbare Kleinuhren, also Armband- und Taschenuhren. Die französischen Protestanten (Hugenotten), die als Glaubensflüchtlinge ab 1550 nach Genf kamen, brachten ein grosses Fachwissen über den Bau von tragbaren Uhren mit. In Verbindung mit den Genfer Gold- und Silberschmieden wuchs Genf schnell zu einem frühen Zentrum der Schweizer Uhrmacher heran.

In der Folge der Industrialisierung entwickelte sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Zentren die Massenproduktion von Uhren. In Deutschland war vor allem die Uhrenproduktion im Schwarzwald bedeutend. Hier wurden vor allem Kuckucks- und andere Wanduhren produziert, welche den Begriff „made in Germany“ weltweit bekannt machten.

Uhrenproduktion im deutschen Schwarzwald im 19. Jahrhundert.
Quelle: Wikipedia

Die industrielle Produktion von Uhren setzte wie für andere Branchen auch, Kenntnisse für eine Fertigung in Massen voraus. Aber auch die Uhr selber spielte für die durchorganisierte Produktion eine entscheidende Rolle: Die Stempeluhr wurde entwickelt, um die Arbeitszeit der Arbeiter zu erfassen und die Abläufe am Fliessband wurden in Zeitintervalle eingeteilt.

In den Vereinigten Staaten wurde vor allem die Taschenuhr aus industrieller Fertigung populär. Die Taschenuhr entwickelte sich dort schnell zum erfolgreichen Massenartikel. Die so genannte „Dollar Watch“, ein einfacher Uhrentyp für jedermann, wurde von verschiedenen Herstellern bis ins 20. Jahrhundert viele Millionen Mal verkauft.

Durchbruch der Armbanduhr

Technische und weltpolitische Umwälzungen verhalfen jedoch langfristig gesehen der Armbanduhr auch in der Männerwelt zum Durchbruch. Die Taschenuhr erwies sich in manchen Situationen als zu unpraktisch. Dies galt im starken Ausmass für den Beruf des Piloten, im Cockpit war es einfach praktischer, eine Uhr am Handgelenk zu tragen.

Die Fliegerei entwickelte sich um die Jahrhundertwende rasant vorwärts. Der französische Uhrenhersteller Cartier entwickelte für den brasilianischen Flugpionier Alberto Santos Dumont im Jahre 1906 die erste spezielle Uhr für Flieger, die am Handgelenk getragen wurde. Die Idee wurde auch von anderen Herstellern weiterentwickelt, so dass Fliegeruhren entstanden, welche die Bedürfnisse der damaligen Piloten erfüllten. Fliegeruhren verfügten über genaue mechanische Uhrwerke und waren schmucklos, robust und stossfest konstruiert. Das Aufkommen der Fliegeruhren trug zur breiteren Akzeptanz von Armbanduhren für Männer bei. Nicht von ungefähr werden heute noch in der Werbung von Uhrenherstellern Flugzeuge und Piloten eingesetzt.

Moderne Pilotenuhr.
Quelle: uhrzeit.org

Marine- und Artillerieoffiziere gehörten ebenfalls zu den ersten Männern, die Armbanduhren für die Zeitmessung benutzten. Die Offiziere im Ersten Weltkrieg stellen fest, dass ihre Taschenuhren im Winter und allgemein unter Kampfbedingungen sehr unpraktisch waren. Die Armbanduhr setzte sich beim Militär und in der Folge auch in der zivilen Gesellschaft schnell durch.

Elektronik hält Einzug

Mit dem Siegeszug der Armbanduhr war aber die technische Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen. Das 20. Jahrhundert brachte der Uhr die Automatik und den Quarz als neues taktgebendes Element. Die erste Automatikuhr (als Armbanduhr mit Pendelschwungmasse) wurde 1923 von John Harwood gebaut. Eine Automatik bezieht die Energie zum Spannen der Feder aus den Armbewegungen des Trägers.

Die erste elektronische Armbanduhr mit einem Miniaturquarz als taktgebendem Element wurde vom Centre Electronique Horloger (CEH) in Neuenburg, Schweiz, 1967 vorgestellt und im August 1967 als Chronometer im Observatorium von Neuenburg zertifiziert. Diese Uhr hatte eine klassische, mechanische Zeigeranzeige. Präzise gehende Uhren verlangten auch nach einer Standard-Zeit, mit der sie abgeglichen werden konnten. Dies wurde in den 1960er Jahren mit den Atomuhren erreicht, auf deren Basis eine internationale Zeit festgelegt wurde. Das Konzept der Atomuhr war seit den 40er Jahren bekannt gewesen, aber erst rund 20 Jahre später gelang es Atomuhren zu bauen, welche präziser waren als die Quarzuhren.

Die Entwicklung der digitalen Armbanduhr bedeutete, dass das bisher verwendete Zifferblatt mit Zeigern durch eine rein digitale Anzeige ersetzt wurde. Der erste Prototyp mit einer LED-Anzeige stammt aus dem Jahr 1970.

Die „Pulsar“.
Quelle: hightechhistory.com

Dieser wurde von den Unternehmen Hamilton Watch Company und Electro-Data weiterentwickelt und wurde als „Pulsar“ kommerziell bekannt. Ihre Digitalanzeige war wegen des hohen Stromverbrauchs nur auf Knopfdruck während ein paar Sekunden ablesbar. Berühmtheit und einen Platz in der Pop-Kultur erlangte die Uhr auch durch einen prominenten Uhrenträger: Geheimagent James Bond alias Roger Moore trug sie 1973 im Film „Live and Let Die“.

Erste Digital-Armbanduhren mit dauernder Flüssigkristallanzeige (LCD) kamen im Zeitraum von 1973 bis 1975 auf den Markt. Zu den Pionieren in diesem Segment zählte unter anderem der japanische Hersteller Casio. Mit dem Unternehmen Brown, Boveri & Cie. (BBC) als einer der weltweit tätigen Display-Hersteller lieferte die Schweiz auch für diesen Uhrentyp einen wichtigen Bauteil.

Ausblick

Mit unserer Reise durch die Geschichte der Zeitmesser sind wir jetzt in der Gegenwart angekommen. Im nächsten Beitrag unserer Serie wollen wir uns den Smartwaches beschäftigen. Wir werden sehen, dass Smartwatches keine neue Erfindung der letzten paar Jahre sind, sondern technisch gesehen ihre Wurzeln in der 1980er Jahren haben und die Pop-Kultur einige ihrer Funktionen bereits vorweg genommen hat.

Von: LDprod
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