Windows 10 ist jetzt seit rund zwei Monaten als Verkaufsversion auf dem Markt. Woher gab es bereits das Windows Insider-Programm, bei dem Anwender Vorab-Versionen von Windows 10 testen konnten. Uns hat insbesondere interessiert, wie sich das neue Betriebssystem betreffend Tablet- und Touchtauglichkeit weiterentwickelt hat. Welches Gerät wäre dazu besser geeignet als ein Tablet aus der Surface-Familie? Zudem gehen wir in dieser vierteiligen Serie auch auf ein paar Eckpunkte von Windows 10 selbst ein.

Windows 10 mit Surface 3 Pro und Universal Apps
Unsere Hardware-Basis: Surface 3 Pro
Um Windows 10 kennen zu lernen, hat Microsoft uns für diesen Beitrag ein Surface 3 Pro mit Dockingstation zur Verfügung gestellt. Unsere ersten Erfahrungen mit Surface-Geräten gehen schon aufs erste Pro Modell zurück, welches im Jahre 2012 auf den Markt kam. Über das Surface 3 Pro hatten wir nach einem ersten Hands-On im vergangenen Jahr bereits berichtet – damals noch mit Windows 8.

Das Ziel von Microsoft war es, mit dem Surface eigene Hardware für das Windows-Betriebssystem bereitzustellen. Es war der erste Computer überhaupt, der von Microsoft entwickelt und vertrieben wurde. Die Lancierung der Surface-Modelle der ersten Generation fiel zusammen mit dem Einführung von Windows 8. Damit diente Surface auch als "Showcase" für das Potential des damals neuen Betriebssystems. Es sollte andere Hardware-Hersteller dazu animieren, ebenfalls derartige Geräte zu entwickeln.
Grundsätzlich stellt die Surface-Reihe eine sehr spannende Geräte-Kategorie dar, denn sie zeichnet sich durch einen hohen Grad an Mobilität und Flexibilität aus. Das Surface 3 Pro ist ein Tablet mit einer optionalen Tastatur – oder ein Laptop, den man auch ohne Tastatur wie ein Tablet verwenden kann, je nachdem wie man es gerade braucht.
Unser Testgerät ist mit einem Intel Core i5, 128 GB Flash-Speicher und 4 GB RAM ausgestattet. Seine grösste Stärke ist die Mobilität. Mit 800 Gramm ist es zwar kein Leichtgewicht, aber es lässt gut in den Händen halten. Das Display ist sehr gut. Es hat eine Diagonale von 12 Zoll und bietet eine Auflösung von 2160 x 1440. Das Seitenverhältnis 3:2 ist eine grosse Verbesserung gegenüber den Vorgängermodellen. Microsoft hebt sich damit aber auch von anderen Herstellern ab, da viele für ihre Tablets auf ein Seitenverhältnis von 4:3 setzen. Die Tastatur ist hintergrundbeleuchtet und lässt sich anwinkeln. Das ist natürlich sehr angenehm und ein grosses Plus gegenüber der allerersten Surface-Generation. Zudem dient sie als Schutz für das Display, wenn man unterwegs ist. Der Surface Pen ist druckintensiv und vielseitig einsetzbar, sei es zum Schreiben, Zeichnen und Skizzieren oder in einem Menü präzise etwas anzuklicken.
Gewisse Einschränkungen bezüglich Rechenleistung oder eine meist sehr hohe Arbeitsspeicherauslastung muss man in Kauf nehmen. Wenn man das Surface am Arbeitsplatz als Hauptgerät nutzen will, empfehlen wir eine Docking-Station, wo Maus, Tastatur und externer Bildschirm fix angeschlossen sind. Verwendet man die Dockingstation wie oben abgebildet ohne externen Bildschirm, kann man den Winkel des Surface-Displays nicht mehr verstellen. Ohne Dockingstation ist der Neigewinkel des Display frei verstellbar, was die Ergonomie am Schreibtisch etwas verbessert. Wenn man länger am Schreibtisch mit dem Surface arbeitet, muss man wie bei einem Notebook, auf die Körperhaltung achten.
Wir haben einmal testweise als externen Bildschirm einen ASUS PA328Q mit 4K-Auflösung angeschlossen. Das bedeutete allerding, dass wir mit einer "Ruckelorgie" von 30 fps vorlieb nehmen mussten. An ein konzentriertes Arbeiten war nicht mehr zu denken. Die neuste Surface-Generation wird mit einer 4K-Auflösung besser umgehen können.

Wir haben das Surface 3 Pro mit einem Userprofil eingerichtet und in unser internes Netzwerk eingebunden, um damit arbeiten zu können. Hauptsächlich haben wir es wie ein Zweitgerät genutzt.
Soweit unsere Vorstellung der Hardware. Das Testgerät hatten wir mit Windows 8.1 geliefert bekommen und auf Windows 10 upgegradet. Und um Windows 10 geht es im Folgenden jetzt auch...
Windows 10: Touch and Tablet
Microsoft hat mit Windows 10 versprochen eine Plattform zu schaffen, die auf die spezifischen Eigenschaften von verschiedenen Geräten eingeht. Das bedeutet eine Spanne vom Desktop-Rechner über Notebooks, Tablets und Smartphones bis hin zur Spiel-Konsole. In der Embedded Version steht Windows 10 zudem für Internet of Things-taugliche Geräte bereit.
Im Folgenden wollen wir unsere Erfahrungen zusammenfassen, wie es um die Touchbedienung und Tablet-Tauglichkeit von Windows 10 im täglichen Einsatz bestellt ist. Dazu haben wir das Surface abwechseln mit und ohne Tastatur sowie dem Surface Pen als zusätzliches Eingabegerät verwendet.
Wir haben alle Screenshots verkleinert in den Artikel eingebunden. Darum werden Schriften und andere Elemente schlechter dargestellt als sie tatsächlich sind. Deshalb haben wir zusätzlich jeden Screenshot in der Original-Auflösung des Surface 3 Pro (2160 x 1440) verlinkt.
Infocenter
"Tabletmässig" gut gelungen ist das sogenannte Info-Center in dem Benachrichtigungen von verschiedenen Apps angezeigt werden können. Zudem hat man hier eine Art Schnellzugriff auf die wichtigsten Geräteeinstellungen wie die Rotations-Sperre oder die Displayhelligkeit. Aufrufen lässt sich das Info-Center mit der Wischbewegung vom rechten Rand her oder via Taskleiste mit einem Klick auf das Infocenter-Symbol.
Das Konzept des Info-Centers kennt man bereits von Windows Phone 8, wo es mit dem Update auf 8.1 eingeführt wurde. Wir wünschen uns, dass auch Herstellern von Drittprogrammen die Schnittstellen (API’s) des Info-Centers nutzen würden, um dort zentralisiert alle Benachrichtigungen ihrer Programme anzuzeigen. Auf diesem Weg liessen sich viele nervige Pop-Up-Fenster vermeiden. Zudem könnten hier auch Updates aus den Kontakten und Social Networks des Benutzers angezeigt werden. Diverse Universal-Apps nutzen das Info-Center bereits.
Universal Apps
Wer sich näher mit Windows 10 auseinander setzt, wird feststellen, dass manche Programme doppelt vorhanden sind. Und zwar in der bekannten Desktop-Variante und als sogenannte "Universal App". Die Idee hinter den Universal-Apps ist, dass sie auf allen Geräten vom Smartphone bis zum Desktop-PC laufen und sich in der Darstellung an die jeweilige Bildschirmgrösse anpassen.
Die Universal-Apps von Windows 10 sind eine Weiterentwicklung der "ModernUI-Anwendungen", die mit Windows 8 eingeführt worden sind. Dort hatten sie aus verschiedenen Gründen mit grossen Akzeptanz-Problemen zu kämpfen, die bis heute ihre Nachwirkungen haben. Sie liefen nur im Vollbildmodus, liessen sich nicht an die Taskleiste anpinnen und sie stellten im Zusammenspiel mit den Desktop-Programmen immer einen Bruch im Arbeitsfluss dar.
Für Windows 10 hat Microsoft das Konzept der Universal-Apps gründlich überarbeitet. Sie laufen neu auch im Fenstermodus und lassen sich auch an die Taskleiste anpinnen. Ihre Programmoberfläche ist so gestaltet, dass sie für Tablets sehr gut geeignet ist. Downloaden kann man Universal-Apps im Windows Store. Kürzlich neu vorgestellt wurden Universal-Apps von Facebook, Instagram und Uber.
Ein gutes Beispiel für Universal-Apps ist OneNote, sozusagen die "Parade-Anwendung" des Surface überhaupt. Ein Klick auf den Stift und die App öffnet sich. Man kann sofort eine Notiz anlegen wie wenn man einen Notizblock mit Kugelschreiber verwenden würde. Die Benutzeroberfläche von OneNote ist gut für die Fingergabe auf einem Tablet ausgelegt. Die Icons sind entsprechend gross gehalten und der Abstand zwischen den Reitern wie "Start" oder "Einfügen" ist breit genug. Die Menüs sind einfach gehalten und bieten Zugriff auf die wichtigsten OneNote-Funktionen. Auch bei ihnen ist der Zeilen-Abstand zwischen einzelnen Elementen so gross, dass man sie mit dem Finger präzise treffen kann.
Ebenfalls komplett neu gestaltet für Windows 10 wurde die Foto-App. Auch sie ist für die Touchbedienung optimiert, man gut durch die Galerien scrollen und sich Bilder in der Grossansicht anschauen.
Auch der Windows Store hat eine Überarbeitung bekommen. In der Abteilung Musik kann man Alben und einzelne Titel kaufen sowie Probehören. Die Benutzeroberfläche ist auch hier übersichtlich gestaltet und mit dem Finger gut bedienbar.
Dasselbe gilt auch für aus Auswählen und Herunterladen von Apps.
Komplett auf die Touchbedienung ausgelegt ist der 3D Builder von Microsoft. Er dient zum Erstellen, Drucken und Scannen von 3D-Objekten und arbeitet mit der Microsoft Kinect zusammen. Seine Menüs und Werkzeuge lassen sich auf dem Tablet sehr gut bedienen.
Genauso wie OneNote, welches wir zu Anfang des Kapitels über Universal-Apps vorgestellt haben, gibt es auch die anderen Office-Apps wie Word, Excel und PowerPoint in beiden Versionen. Wir schauen uns hier als Beispiel die Universal-App von Word an.
Auch hier hat Microsoft die sehr komplexe Menü-Struktur von Word reduziert und komplett fingertauglich gestaltet. So lassen sich beispielsweise die Seitenränder des Dokuments sehr gut anpassen, die verschiedenen Optionen sind gross dargestellt und auch weit genug auseinander, so dass man sie problemlos mit dem Finger auswählen kann.
Auch wenn wir hier den Schwerpunkt auf die Fingertauglichkeit gelegt haben, lassen sich natürlich alle Universal-Apps auf dem Surface auch in Kombination mit der externen Tastatur verwenden.
Trotz ihrer Vorteile was die Touchbedienung angeht, sind Universal-Apps nicht immer die beste Lösung. Das Konzept wurde gegenüber den Vorgängern unter Windows 8 stark verbessert. Sie sind der Beginn eines Weges wohin sich Applikationen entwickeln können. Sie bieten aktuell nicht denselben Funktionsumfang wie ihr Desktop-Gegenstück, aber das muss nicht immer schlecht sein. Es ermöglicht auch ein konzentriertes und fokussiertes Arbeiten.
Doch nicht immer kann man frei zwischen beiden Versionen wählen. So öffnet etwa der oben erwähnte Klick auf den Surface Pen immer nur die Universal-App, auch wenn man bevorzugt mit der Desktop-Variante arbeitet. Unter Windows 8.1 konnte man dies noch selber einstellen. Leider ist dies mit Windows 10 zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Beitrags noch nicht möglich. Viele andere Programme gibt es nur in einer der beiden Versionen.
Fingereingabe mit Office 365
Die Office-Programme gibt es jedoch in beiden Varianten. Und auch in der Desktop-Version bieten sie eine Darstellung, die für die Bedienung per Finger etwas angepasst ist. Der nächste Screenshot zeigt Word aus Office 365 bei einer Vergrösserung von 175 % auf dem Surface-Display. Auf das Thema Vergrösserung und dessen Bedeutung werden wir im nächsten Beitrag näher eingehen.
Das Icon zum Umschalten zwischen den beiden Darstellungen befindet sich oben links.
Die Icons und der Abstand zwischen ihnen werden dann für die Fingereingabe grösser angezeigt. Das Ribbon nimmt dann auch etwas mehr Platz weg auf dem Bildschirm.
Damit hat man eine verbesserte Darstellung für die Bedienung per Finger und gleichzeitig Zugriff auf alle Funktionen von Word.
Ausblick
Soweit unsere ersten Eindrücke von der Touch- und Tablet-Tauglichkeit von Windows 10. Wir werden dies im nächsten Teil fortsetzen und dann mehr auf das Nutzungserlebnis mit Desktop-Anwendungen eingehen.