Windows 10 Features

Windows 10 Features

Von Hitzestau - 18.03.2016

Nach unserem Ausflug zu Windows 10 auf dem Smartphone geht es nun wie angekündigt um unsere Erfahrungen mit neuen Features von Windows 10. Im Betriebssystem stecken einige Neuerungen und technische Weiterentwicklungen, die wir hier nicht alle aufzählen können. Daher wollen wir uns auf zwei konzentrieren, die auch in der Werbung von Microsoft stark im Vordergrund stehen: Dies sind wie im letzten Beitrag angekündigt, Windows Hello und Continuum. Als drittes gehen wir auf die "virtuellen Desktops" ein, die zumindest für die Windows-Welt eine neue Neuerung darstellen. Auf die Sprachassistentin "Cortana" haben wir verzichtet, weil sie für die Schweiz offiziell immer noch nicht verfügbar ist.

Windows Hello

Windows 10 schickt sich an, das Login beim Benutzerprofil zu ändern. Windows Hello baut dafür auf verschiedene biometrische Techniken wie Fingerabdruck-, Gesichts- oder Iriserkennung. Nachdem Apple und verschiedene Android-Geräte in den letzten Jahren für eine Verbreitung des Fingerabdruckscanners auf Smartphones und Tablets gesorgt haben, macht nun Microsoft bei Windows 10 die biometrische Benutzerkennung zum Teil des Betriebssystems.

Von: tlorna
Quelle: Shutterstock

Als Feature steht Windows Hello vom Smartphone bis hin zum Desktop-Rechner zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass die Hardware Windows Hello unterstützt. Da wir unsere Windows 10-Serie auf Basis des Surface 3 Pro begonnen haben, konnten wir damals das Feature noch gar nicht ausprobieren. Mit dem Lumia 950 und dem Surface Book standen uns jetzt aber auch zwei Hello-taugliche Geräte zur Verfügung. Auf dem Smartphone gilt Windows Hello aktuell noch als Beta.

Auf dem Lumia 950 haben wir die Iriserkennung eingerichtet. Dies geschieht mit der Frontkamera und dem Infrarotlicht, welches direkt daneben verbaut ist. Als Brillenträger wird man aufgefordert, die Brille abzulegen. Wenn man die Augen nicht wirklich gross öffnet, hat der Scanner Mühe, das Profil erfolgreich anzulegen. Hat alles geklappt, muss man das Smartphone nur einschalten und auf Augenhöhe vors Gesicht halten. Dann wird man als Besitzer erkannt und das Gerät wird entsperrt.

Wir haben damit sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht: Brillenträger können für das Entsperren zwar die Brille anbehalten, Windows Hello hat dann etwas mehr Mühe als bei Gesichtern ohne Brille. Aber generell kann man sagen, dass die Technik noch sehr störanfällig für äussere Einflüsse ist: Dazu zählen zu viel oder zu wenig Umgebungslicht, die Blickrichtung der Augen oder ob man die Augenlider gesenkt hat oder nicht.

Quelle: Microsoft

Wenn die Kamera die Person gut erfassen kann, gehen Erkennung und Login wirklich blitzschnell. Das ist auch unsere Erfahrung mit dem Surface Book und AIO-Rechnern von anderen Herstellern, die wir anlässlich von einem Windows 10-Event begutachten konnten.

Der direkte Login beim Anschauen des Geräts ist aber nicht immer unbedingt das, was man möchte. Um etwa das Wechseln von Benutzerprofilen zu ermöglichen oder unbeabsichtigte Logins zu verhindern, empfehlen wir in den Einstellungen die automatische Entsperrung des Bildschirms zu deaktivieren (Einstellung / Konten / Anmeldeoptionen). Trotzdem macht Windows Hello unterm Strich noch keinen sehr ausgereiften Eindruck. Wenn kein Benutzer eingeloggt ist, sucht das System ständig mit aktiver Kamera nach jemandem, der sich einloggen will.

Um Windows Hello zu aktivieren und einzurichten, muss man als erstes eine PIN einrichten, die man dann auch als Alternative zum Passwort verwenden kann. Das Konzept der PIN hat Microsoft vom Smartphone übernommen und nun auch auf Desktop-Rechner übertragen. Dies schafft jedoch mehr Verwirrung, den das bereits eingerichtete Passwort aus Buchstaben, Sonderzeichen und Zahlen ist immer noch sicherer als eine PIN, die nur aus Zahlen besteht.

Möchte man Windows Hello nicht mehr verwenden und die PIN wieder löschen, stellt man fest, dass es keinen Button gibt, der "PIN löschen" oder "PIN deaktivieren" heisst. Um die PIN zu entfernen, muss man folgenden Umweg gehen:

  1. In den Einstellungen Konten / Anmeldeoptionen aufrufen
  2. Bei PIN die Option "Ich habe meinen PIN vergessen" auswählen
  3. Im neuen Fenster auf "Weiter" klicken und im nächsten Fenster dann auf "Abbrechen", anstatt eine neue PIN einzugeben.

Durch den Abbruch des Vorgangs wird die PIN automatisch gelöscht.

Continuum

Auch dieses Feature wird von Microsoft stark beworben. Continuum ist ein Feature für Windows 10-Smartphones und steht dementsprechend nur auf den Geräten der neusten Hardware-Generation zur Verfügung. Das Werbeversprechen von Microsoft ist, dass damit aus dem Smartphone ein PC wird.

Screenshot.
Quelle: Microsoft

Damit weckt Microsoft Erwartungen. Wir wollen daher zuerst Continuum mal rein technisch erklären, bevor wir zu unserer Einschätzung kommen, ob es diese Erwartungen erfüllen kann oder nicht.

Was ist Continuum?

Ganz einfach gesagt, bedeutet Continuum dass man ans Smartphone einen externen Bildschirm sowie Maus und Tastatur anschliesst. Startet man dann die Continuum-App, kann man das Smartphone wie einen PC bedienen. Auf dem Bildschirm werden die Apps angepasst dargestellt. Um die Verbindung herzustellen, stehen zwei Wege zur Verfügung: Die erste ist die Kabel-Variante mit dem Microsoft Display Dock, welches Ihr unten abgebildet seht:

Quelle: Microsoft

Als zweite Möglichkeit steht auch eine kabellose Variante zur Verfügung. In den Bildschirm muss dann der Microsoft Wireless Display Adapter eingesteckt werden. Maus und Tastatur werden via Bluetooth mit dem Smartphone verbunden.

Quelle: Microsoft

Continuum in der Praxis

Das ist beim ersten Mal eine recht spannende Sache – denn eingerichtet ist es schnell. Auf dem externen Bildschirm sieht es aus wie ein normales Windows mit Startbutton und Startmenü. Das Display des Smartphones kann man dabei wie ein Trackpad benutzen – oder man kann auf dem Gerät eine andere App starten, ohne das die Anzeige auf dem PC-Bildschirm davon berührt wird.

Im Startmenü auf dem externen Bildschirm werden zwar alle installierten Apps anzeigt, aber Continuum funktioniert nur mit den Universal Apps. Anwendungen, die nicht Continuum-tauglich sind, werden ausgegraut dargestellt. Klickt man sie trotzdem an, werden sie auf dem Smartphone-Display gestartet.

Quelle: Microsoft

Die Microsoft-eigenen Office-Apps funktionieren reibungslos unter Continuum. So kann man beispielsweise Word starten und mit der Tastatur Dokumente bearbeiten. Gespeichert werden die Dokumente in der Cloud. Der Edge Browser zeigt die Desktop-Versionen der aufgerufenen Webseiten an. Alle Apps starten ausschliesslich im Vollbildmodus. Fenster kennt Windows 10 unter Continuum nicht und so kann man folglich wie im Tabletmodus auch keine Programme nebeneinander auf dem Bildschirm anordnen.

Die Art der Bedienung mit Tastatur und Maus mag zwar einem PC entsprechen, das heisst jedoch nicht, dass das Benutzungserlebnis oder die Performance auch dieselbe sind. Das Betriebssystem und Apps laufen extrem träge, also langsamer als man es vom Smartphone her gewohnt ist. Der Edge Browser hat deutlich Mühe mit komplexeren Webseiten. Dies macht sich deutlich an den Ladezeiten bemerkbar. Je mehr Apps man startet, desto langsamer wird das gesamte System.

Andere Märkte

Um Continuum zu verstehen, muss man die strategischen Überlegungen von Microsoft dahinter berücksichtigen. Wie CEO Satya Nadella in einem Interview erklärt hat, zielt man mit Continuum auf Märkte in Schwellen- und Entwicklungsländern, wo ein Smartphone häufig der einzige "Computer" ist, mit dem angefangen beim Telefonieren alle Arbeiten erledigt werden. Ein Gerät, welches Telefon und PC zugleich sein kann, könnte dort grössere Marktchancen gaben. Beliebt sind aktuell günstige Android-Geräte, die für umgerechnet 30 bis 50 Dollar verkauft werden. Das Problem welches Continuum und Lumia haben werden, ist der Gerätepreis. Da die Hardwareanforderungen an das Smartphone recht hoch sind, wird Microsoft kaum mit diesen Preisen mithalten können.

Falsche Erwartungen

So wie Microsoft Continuum und die aktuellen Lumia-Geräte bei uns bewirbt, könnte man meinen, man bekommt einen kompletten PC-Ersatz der erst noch in die Hosentasche passt. Damit werden jedoch falsche Erwartungen geweckt, denn es ist kein Gerät, dass den PC ersetzen kann. Dazu erinnert uns die Performance zu sehr an die Zeiten mit Windows RT auf dem ersten Surface-Tablet.

Screenshot. Quelle: 20min.ch

Wenn Continuum mit anderen Absatzmärkten im Auge entwickelt wurde, ist es allerdings wiederum nicht nachvollziehbar, warum das Feature bei uns in Europa als "Smartphone, das wie dein PC arbeitet" beworben wird. Unser eigener Praxistest hat gezeigt, dass man mit Continuum bezüglich Benutzungserlebnis oder Performance niemals an einen "richtigen" PC herankommt. Unternehmen, die zum Beispiel Arbeitsplätze so ausrüsten möchten, werden ihren Angestellten sicher keine Freude machen

Es wäre für Microsoft vielleicht besser gewesen, dass Continuum-Feature bei ins Europa nicht derart in den Vordergrund zu stellen. Wir sind es gewohnt, zwischen verschiedenen Geräten hin- und her zu wechseln und haben weniger das Bedürfnis, alles auf ein einziges Gerät zu reduzieren. Aber dessen ungeachtet, sind uns bei unserem Test mit Continuum noch ein paar andere Dinge aufgefallen: Wichtige Einstellungsmöglichkeiten wie die Mausgeschwindigkeit fehlen. Zudem werden alle Apps geschlossen, wenn man das Smartphone abkoppelt bzw. die Kabel zieht. Das kann aber noch schnell mal passieren, wenn zum Beispiel ein Anruf hereinkommt. Das Display muss während der gesamten Continuum-Session eingeschaltet bleiben. Das gesamte Smartphone wird auf Ober- und Rückseite sehr schnell sehr heiss, was der Hardware für eine längere Dauer sicher nicht gut tut. Verwendet man das Display über einen längeren Zeitraum als Trackpad, kann es vielleicht auch zu Einbrennungen kommen.

Virtuelle Desktops

Auf Geräten wo das klassische Windows 10 installiert ist, stehen zum ersten Mal in der gesamten Geschichte von Windows so genannte "virtuelle Desktops" zur Verfügung. Damit möchte Microsoft den Anwendern ein Werkzeug anbieten, das eigene Arbeiten am Rechner besser zu organisieren. Man kann beispielsweise Anwendungen auf unterschiedlichen Desktops gruppieren.

An das Konzept mit mehreren Desktops zu arbeiten, muss man sich als alteingesessener Windows-User sicher gewöhnen. Wer schon mal an einem Mac OS X-Gerät gearbeitet hat, dem ist das Konzept der "Spaces" schon seit rund zehn Jahren vertraut. In der Linux-Welt wurde das Konzept der "Workspaces" schon 1990 eingeführt. Die Übersicht über alle offenen Programme und Fenster heisst bei Apple "Mission Control". Unter Windows 10 entspricht dies der Taskansicht, die aber jeweils nur die offenen Fenster von einem Desktop zeigt.

Taskansicht unter Windows 10 Quelle:

Um zwischen den verschiedenen Desktops zu wechseln, stehen mehrere Optionen zur Verfügung. Ein Klick auf das "Taskansicht"-Icon öffnet die Taskansicht, wie sie oben abgebildet ist. Zudem kann man die Tastenkombination WIN-TAB benutzen. Auf einem Touchscreen kann man die Taskansicht mit einer Wischgeste vom linken Rand her aufrufen. Für Trackpad-Benutzer gibt es die Wischgeste mit drei Fingern nach oben, um zur Taskansicht zu gelangen.

An die Leichtigkeit mit der sich virtuelle Desktops beispielsweise unter Mac OS X nutzen lassen, kommt aber die Umsetzung unter Windows 10 nicht heran. Klickt man auf ein Icon von einem bereits geöffneten Programm in der Taskleiste oder dem Startmenü, wird ein neues Programmfenster im geraden aktiven Desktop geöffnet, anstatt in den Desktop zu wechseln, wo das Programm bereits offen ist. Dies stiftet mehr Verwirrung als dass es zu einem besseren Workflow beiträgt.

Aktive Bildschirmecken für den Mauscursor würden das Benutzungs-Erlebnis ebenfalls flüssiger gestalten. Auch wäre es praktisch, wenn man einzelnen Apps fix einen Desktop zuweisen könnte, in dem sie jedes Mal geöffnet werden. Das Verschieben von Fenstern von einem Desktop zum andern ist nur über die Taskansicht möglich, einfacher wäre es, wenn man das Fenster einfach zum linken oder rechten Bildschirmrand ziehen könnte und dann würde es in den nächsten Desktop wechseln. Und wenn man den Tablet-Modus von Windows 10 aktiviert, werden alle virtuellen Desktops zu einem zusammengefasst. Verlässt man den Tablet-Modus wieder, werden immerhin alle Desktops wieder so erstellt, wie sie vorher angeordnet waren.

Fazit

Dies sind wie gesagt nur drei Features des gesamten Betriebssystems. Wir arbeiten unterdessen seit über sechs Monaten mit Windows 10 und haben einen sehr guten Gesamteindruck bei unserer alltäglichen Arbeit gewonnen. Auffallend ist jedoch, dass gerade die neuen und stark beworbenen Features wie Windows Hello und Continuum noch nicht sehr ausgereift wirken.

Für Windows Hello wird es eine rechte Zeit dauern, bis es eine breite Anwenderbasis erreicht. Den die Funktionalität von Windows Hello hängt an der Hardware, alle User die ihre bestehenden Systeme auf Windows 10 updaten, verfügen nicht über eine Kamera oder andere Sensoren, die Hello-tauglich sind. Windows Hello ist im Moment den Besitzern der neusten Lumia-Geräte, Surface 4 Pro und Surface Book sowie aktuellen Tablets und AIO-Desktops von Drittherstellern vorbehalten.

Fingerprintscanner auf Smartphones sind zwar daran sich zu etablieren, aber sonst hat der Kampf um biometrische Logins auf Consumer-Geräten erst gerade begonnen. Auch der Ablauf ist sicher noch nicht optimal: es ist zwar technisch faszinierend, wenn man das Gerät nur noch anschauen muss, um sich einzuloggen, aber beispielsweise ein einfacher Aktivierungs-Klick würde es dem User erlauben, selber zu bestimmen, ob er sich einloggen will oder nicht.

Mit Continuum scheint Microsoft bemüht, ein neues Alleinstellungsmerkmal für seine Smartphone-Plattform zu präsentieren, dass den Verkauf von neuen Geräten befeuern soll. Der Spruch "wie dein PC" entspricht schlicht und ergreifend nicht den Tatsachen. Was auf dem externen Bildschirm zu sehen ist, kommt bezüglich Apps, Performance und Benutzererlebnis nicht an einen PC heran.

Auch bei den Virtual Desktops ist für einen Ausbau der Funktionen noch viel Luft nach oben, wenn man Mac OS X als Massstab anlegt. So wie es sich im Moment präsentiert, ist es keine wirkliche Workflow-Erleichterung. Und in Unternehmen dürfte der Schulungssaufwand für ungeübte Anwender stark ansteigen. Deshalb sollten sich Firmen gut überlegen, das Feature nicht besser gleich von Anfang an zu deaktivieren.

Wer sich eingehender über alle neuen Features von Windows 10 informieren möchte, findet auf der Windows 10-Seite von Microsoft oder dem Hilfebereich einen guten Einstieg.

Ausblick

Bevor wir in unserer Artikelserie zu Windows 10 zu unserem (vorläufigen) Fazit kommen, wollen wir Euch im nächsten Beitrag nochmals unsere Erfahrungen mit einem Gerät aus der Windows 10-Hardwarefamilie vorstellen: das neue Surface Book war bei uns im Langzeit-Test.

Quelle: Microsoft

Der Funktionsbeschrieb und das Fazit zu Windows Hello wurden am 26. März 2016 angepasst, da sie nicht korrekt waren.