Spieleentwickler und Hersteller von populären Gadgets sind auf Berichte in Onlinemedien, Blogs und Communities angewiesen, um für ihre Produkte Aufmerksamkeit zu erzeugen und eine breite Menge an Berichten zu erzeugen, die auch lange nach dem Produktelaunch gut via Google gefunden wird. Viele Enthusiasten investieren Freizeit, sich mit ihren Lieblings-Games oder –Gadgets zu beschäftigen und online in Blogs, mit YouTube-Videos und anderen Kanälen darüber zu berichten und sich mit anderen Usern darüber auszutauschen. Für viele Unternehmen ist dieser Mechanismus Teil ihres Marketings geworden.


Soll ein Unternehmen diesen Prozess aktiv unterstützen oder eingreifen, wenn sie die Möglichkeit sehen, direkt damit Geld zu verdienen? Ich will hier keine Studie präsentieren, über welches Vorgehen das Beste ist. Klar dürfte aber sein, dass man als Unternehmen die eigenen Kunden nicht gegen sich aufbringen sollte, vor allem wenn sie sich unentgeltlich als "Botschafter" des Unternehmens oder eines Produkts engagieren. Nintendo – immerhin die Heimat von Super Mario – tut aktuell genau das. In so genannten "Let’s-Play-Videos" auf YouTube lässt Nintendo Werbung einblenden, an denen das Unternehmen verdient. Let’s-Play-Videos sind real gespielte Sequenzen aus einem Game, welche der Spieler mit eigenen Kommentaren unterlegen. Damit kann er anderen Spielern Tipps für schwierige Passagen geben oder Neulinge dazu bringen, dass Spiele selber zu spielen. Im Gegensatz zu Trailern geben Let’s-Play-Videos einen echten Einblick in ein Spiel und da sie von anderen Spielern gemacht werden, wirken sie weniger als Werbung als ein offizieller Trailer.
Hier ein Beispiel aus Super Mario 3D Land:
Zack Scott ist so ein Enthusiasten und Botschafter, er pflegt ein Facebook-Profil und einen eigenen YouTube-Channel. In einem offenen Brief via Facebook an Nintendo legt er seine Argumente dar und erklärt, warum er bis auf Weiteres auf das Spielen von Nintendo-Games verzichtet (Quelle: gamefront.com):
I’m a Nintendo fan. I waited in the cold overnight to get a Wii. I’m a 3DS ambassador. I got a Wii U at midnight when I already had one in the mail. I’ve been a Nintendo fan since the NES, and I’ve owned all of their systems. With that said, I think filing claims against LPers is backwards. Video games aren’t like movies or TV. Each play-through is a unique audiovisual experience. When I see a film that someone else is also watching, I don’t need to see it again. When I see a game that someone else is playing, I want to play that game for myself! Sure, there may be some people who watch games rather than play them, but are those people even gamers?
My viewers watch my gameplay videos for three main reasons:
1. To hear my commentary/review.
2. To learn about the game and how to play certain parts.
3. To see how I handle and react to certain parts of the game.
Since I started my gaming channel, I’ve played a lot of games. I love Nintendo, so I’ve included their games in my line-up. But until their claims are straightened out, I won’t be playing their games. I won’t because it jeopardizes my channel’s copyright standing and the livelihood of all LPers.
Zack Scott
In einem von gamefront.com publizierten Statement zieht Nintendo alle Register der PR, bleibt aber distanziert und damit unglaubwürdig. Nintendo erklärt, dass die seit Februar 2013 Partner von YouTube sind dass sie weiterhin möchten, dass Fans sich auf YouTube über Nintendo-Spiele austauschen. Aber dann kommt die Drohung mit der juristischen Keule:
gamefront.com
Sind Let’s-Play-Video eine Urheberechtsverletzung? Da ich kein Jurist bin, will ich gar nicht erst versuchen, dies zu beantworten. Die Gesetze mögen für so einen Fall, dass ein Spiel per Screencast aufgezeichnet und die Sequenzen dann auf eine Sharing-Plattform hochgeladen werden, auch gar nicht aussagekräftig sein. Viel schlimmer scheint mir die unterschwellige Drohung von Nintendo, die Videos ganz einfach sperren zu lassen. Die Spieleindustrie steht immer wieder im Dauerfeuer der Kritik, was denkt sich Nintendo also dabei, treuen und begeisterten Spielern Konsequenzen anzudrohen, wenn sie doch nichts anderes machen, als kostenlose und glaubwürdige Werbung für Nintendo-Spiele zu machen?
Engagierten Kunden juristisch zu drohen, hat sich noch für kein Unternehmen und keine Branche langfristig bezahlt gemacht. Zudem stellt Nintendo den eingangs beschriebenen Mechanismus in Frage, nach dem Kunden Teil des Marketings sind. Diese hören aber schnell mit ihren Aktivitäten auf, wenn sie statt Lob und Unterstützung auf einmal Knüppel zwischen die Beine geworfen bekommen.