Was wir im Internet tun, ist in erster Linie Privatsache. Dennoch haben Viele ein Interesse daran. Das fängt an bei der Wirtschaft, die gerne wissen will, welche Produkte und Dienstleistungen uns interessieren, damit sie uns die passende Werbung anzeigen können. Dagegen ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden. Das Internet hat jetzt in Deutschland sogar ein eigenes Forschungsinstitut bekommen, dass "Internet Institut" soll den digitalen Wandel in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft erforschen. Grundlagenforschung im Neuland, das deutsche Forschungsministerium lässt sich das die nächsten fünf Jahre immerhin 50 Millionen Euro kosten.
Es gibt aber auch Interessenten, die nicht so harmlos sind. Sie zielen weniger auf beobachten und verstehen, sondern auf kontrollieren, überwachen und verbieten. Das ist schon mal grundsätzlich abzulehnen. Um Beispiele für die Kategorie zu finden, reicht es (leider) schon, die täglichen News zu überfliegen. Denn Pläne zur verstärkten Überwachung und Regulierung werden von der Politik unterdessen genau so offen verkündet, wie die nächste Steuersenkung oder neue Investitionen in Schulen. Der Unterschied ist nur, dass erstere auch wirklich umgesetzt werden und es nicht bei Versprechungen bleibt.
Der Politik ist vor allem die ungezwungene Kommunikation in Social Media ein Dorn im Auge. Wissenschaftler richten ihr Augenmerk gerne auf unseren Medienkonsum und unser Verhalten als Nutzer. In Amerika basteln zwei einflussreiche Organisationen, die American Psychological Association (APA) und die World Health Organisation (WHO), an einer Definition für "Online-Spielsucht". Auch wenn noch nichts verbindlich geregelt ist, der Trend ist da. Für das Gesundheitswesen würde dies bedeuten, dass hier eine neue Nachfrage an Therapien entsteht, die dann auch über Krankenversicherer abgerechnet werden können. Hier besteht ganz klar die Gefahr, dass die alltägliche Mediennutzung als Krankheit verstanden wird, vor allem wenn die Kriterien für eine Online-Spielsucht auch für eine Facebook-, Twitter- oder allgemeine Social-Media-Sucht verwendet werden. Und wenn es offizielle Krankheitsbilder gibt, welche Gaming – und andere Online- und Computer-Nutzungen – beschreiben, wird auch die Politik damit neue Argumente in die Hände bekommen, um gewisse Games zu verbieten oder generell unser Medienverhalten mehr zu regulieren.
Auf erschreckende Weise federführend ist hierbei die britische Premierministerin Theresa May. Sie will mit ihrer Partei das Internet so sicher machen wie einen "Kinderspielplatz". Wie golem.de schreibt, sollen "Internetfirmen dazu verpflichtet werden, die Nutzer weder mit Absicht noch unabsichtlich zu Hassreden, Pornografie oder anderen schädlichen Inhalten zu führen". Das Hauptziel dabei ist angeblich der Schutz von Minderjährigen. Die Geisteshaltung hinter solchen Vorhaben ist meist, was für Kinder nicht gut ist, kann für Erwachsene auch nicht geeignet sein – also besser gleich Alles für Alle verbieten.
Das führt jedoch nur zu einer verkümmerten, politisch korrekten Online-Kommunikation, die nicht die realen Ängste und Probleme der Menschen ausdrückt. Klar, was online veröffentlich wird, ist kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft, aber derart heftige Eingriffe in die Kommunikation auf breiter Basis sind nicht akzeptabel.
Egal, ob die Definition von neuen Krankheiten oder der Umbau des Internets zur Teletubbies-Welt, beide Vorhaben sind erschreckend rückwärts orientiert. Sie zielen beide auf Verbote und Regelwerke, um bestehende Strukturen und Verhaltensweisen zu unterdrücken und auf eine politisch korrekte Weise umzubauen.
So schön soll das May-Internet sein: die 4 Teletubbies. Quelle: teletubbies.com
In der westlichen Demokratie, so dachte ich bisher, werden Grenzen von der Gesellschaft als Ganzes gezogen. Heute ist es jedoch so, dass Politik und einflussreiche Organisationen diese Leitlinien für uns vorgeben – und wir haben uns danach zu richten. Wer aufmuckt und auf dem Kinderspielplatz negativ auffällt, macht sich verdächtig und wird ausgeschlossen.