In der Medienwelt ist vieles Umbruch - wir halten uns mit News anders auf dem Laufenden als früher. Auch die Angebote verändern sich, alteingesessene Player fürchten um Marktanteile und Einfluss.
Nein, keine neuen Zwangsgebühren! Das war meine erste Reaktion, als ich vergangene Woche von einer so genannten "Demokratie-Abgabe" gelesen habe. Roger Blum, als Journalist, Professor und Leiter der Beschwerdestelle bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG sozusagen ein Ur-Gestein der Schweizer Medienszene, hat diesen Vorschlag in einem Referat bei der Monatsversammlung der Grauen Panther Nordwestschweiz lanciert. Eine gute Zusammenfassung des Gesagten findet ihr im Bericht auf onlinereports.ch.
Er ist der Überzeugung, dass ohne einen unabhängigen Journalismus eine Demokratie nicht funktionieren kann. Und genau diesen Journalismus sieht er durch die Digitalisierung akut bedroht. Deshalb fordert er für alle Medien, die über Abstimmungsvorlagen und Wahlen berichten, staatliche Unterstützungsgelder, da dies ein "Service Public" sei. Zudem sollen die grossen Social Media-Plattformen stärker in die Pflicht genommen werden, um gegen Fake News und Hass-Kommentare vorzugehen. Ein so genannter "Digitalrat" soll hier als Ansprechpartner für Beschwerden gegen die Plattformen dienen. Die Idee einer Abgabe, die über die aktuellen Radio- und Fernsehgebühren hinausgeht und auch zugunsten aller Zeitungen zu entrichten sei, ist zugegebenermassen auch nicht ganz neu, aber jetzt war für mich der Moment gekommen, meine Gedanken dazu "zu Papier zu bringen".
Allein schon der Begriff "Demokratie-Abgabe" ist absurd. Der Begriff "Demokratie" steht dafür, dass in einem Staat alle Macht vom Volk ausgeht. Was Blum will ist eine allgemeine Medien-Steuer einzuführen, aber das ist keine Frage der Staats- oder Regierungsform. Kommt dazu, dass die direkte finanzielle Unterstützung von Medien keine Staatsaufgabe ist und auch nicht gleichzusetzen ist mit der Finanzierung von Schulen oder Spitälern. Er beklagt Struktur-Veränderungen und Weiterentwicklungen. Diese lassen sich jedoch in keiner Branche mit Steuern oder Gebühren stoppen. Das zeigen Beispiele aus der Geschichte, wie beispielsweise die Verdrängung der Pferdekutsche durch Autos und den Zug. Auch die Entwicklung von der Selbstversorger- hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft hätte sich nie mit Lenkungsabgaben aufhalten lassen.
Rolle der Medien in einer Demokratie
Blum’s Forderung spricht viele Aspekte und Baustellen in der Medienbrache an, die jede für sich schon eine Kolumne füllen würde. Zentral ist dabei die Frage nach der Rolle der Medien in einer demokratischen Gesellschaft? Hier gibt es grob gesagt zwei Lager.
Die einen sind der Überzeugung, dass eine Demokratie die Informationsmedien zwingend braucht, damit sich die Stimmbürger ihre eigene Meinung bilden können, bevor sie an die Urne gehen um abzustimmen. Sie sind der festen Überzeugung, dass die Medien als so genannte "vierte Gewalt" im Staat die Aufgabe haben, die Regierenden zu kontrollieren. Sie legitimieren damit eng gefasste staatliche Vorgaben für die Medien - im Falle von Radio und Fernsehen in der Schweiz auch "Leistungsauftrag" genannt - und das Eintreiben von Zwangsgebühren bei allen Einwohnern.
Die andere Seite sieht die Rolle der Medien etwas nüchterner und meiner Meinung nach auch realistischer. Medien haben keine spezielle demokratische Legitimierung, Medien-Unternehmen sind primär Teil der freien Wirtschaft. Unsere Bundesverfassung garantiert zwar die Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die Freiheit der Medien, weist ihnen aber nicht eine spezielle Aufgabe zu. Diese Ansicht vertritt sogar Ulrich Wickert, ehemaliger langjähriger Moderator der Tagesthemen der ARD. Medienunternehmen sind deshalb zu einem grossen Teil durch finanzielle Interessen geprägt wie zum Beispiel die Steigerung der Werbe- und Abo-Einnahmen durch mehr Leser und Zuschauer.
Ungesunde Schweizer Symbiose
In der Schweiz besteht jedoch zwischen Staat und Medien ein enges und fast symbiotisches Verhältnis. Die Medien sorgen dafür, dass die Botschaften der Politiker bei der Bevölkerung ankommen, und der Staat sorgt im Gegenzug dafür, dass die Medien gute Rahmenbedingungen erhalten, um ihrer Arbeit nachzugehen. Das geht aktuell von der staatlichen finanziellen Förderung der Zeitungszustellung bis hin zu gesetzlich verordneten Zwangs-Finanzierung von Radio und Fernsehen. Und genau hier liegt auch aus meiner Sicht eines der grössten Probleme der Schweizer Medienlandschaft begraben: Da der Staat und seine Aktivitäten oft Gegenstand der Berichterstattung sind, darf es nicht auch seine Aufgabe sein, diese zu finanzieren oder Gesetze so zu schreiben, dass den Medien für ihre Berichterstattung die benötigten Mittel zur Verfügung stehen.
Dieses System fördert eine unkritische Hofberichterstattung, in der die Medienschaffenden einfach zu Pressesprechern der Regierung und der Behörden werden. So ein Konstrukt darf nicht auf die anderen Medien ausgedehnt werden. Das ist jedoch genau das, auf was die Forderung von Roger Blum hinausläuft.
Woher kommt die Bedrohung?
Kommen wir zurück zu Blum’s Darstellung, die Schweizer News-Medien seien bedroht. Als Hauptverantwortlichen hat er hierfür die Digitalisierung ausgemacht, die in der Tat in allen Branchen und Lebensbereichen kaum einen Stein auf dem anderen lässt. In der Medienwelt hat sie auf jeden Fall einige konkrete Veränderungen angestossen.
Veränderte Sehgewohnheiten
Das Angebot an Quellen für Information und Unterhaltung ist in den letzten Jahren geradezu explodiert. Die Bedürfnisse und Gewohnheiten haben sich gerade bei den audio-visuellen Medien radikal geändert, immer mehr Menschen schauen gezielt, was sie interessiert und konsumieren nicht einfach das Voll-Programm eines Fernsehsenders. Das bedeutet auch, dass man nach dem Sonntags-Tatort noch locker eine Dokumentation auf YouTube schauen kann - die Konsumenten sind eigenständiger und mündiger geworden.
Bei der heutigen Vielfalt an Angeboten ist man schnell weiter, weil der nächste buhlt schon um die Aufmerksamkeit. Die Zeiten in denen Hans-Joachim Kulenkampff die Nation vor dem Fernseher versammelte, sind definitiv vorbei. Damit ist gerade für Zwangsgebühren-finanzierte Medien auch die Legitimation in Gefahr, welche diese Systeme dringend brauchen.
Wenn wir von den Konsumenten sprechen, darf man eine Tatsache nicht ausser acht lassen: die Schweizer Wohnbevölkerung besteht zu über 25 Prozent aus Ausländern. Die sind natürlich auch an Informationen aus ihrem Heimatland interessiert, welche sie nicht von Schweizer Medien erhalten. Daran ist ja auch nichts auszusetzen, aber bezahlen müssten sie die "Demokratie-Abgabe" von Roger Blum sehr wahrscheinlich genauso. Sie finanzieren damit dann Informationen zu Abstimmungen und Wahlen, an denen sie nicht teilnehmen können.
Verlust Deutungshoheit
Die veränderten Gewohnheiten der Leser und Zuschauer brechen für die Medien-Unternehmen mit einem über Jahrzehnte gepflegten Rollenverständnis als "Gatekeeper", in dem sie die Entscheidung trafen, welche politischen Ereignisse wichtig sind und deshalb in die Zeitung oder in die Nachrichtensendung aufgenommen werden. Klar kollidiert das neue Zuschauer-Verhalten mit der Vorstellung der Medienschaffenden, es brauche explizit sie um ein Programm zusammenzustellen und dem Zuschauer zu servieren. Sie spüren, dass ihnen die gesellschaftliche Deutungshoheit zu entgleiten droht. Wer erklärt den Menschen die Welt? Wer sagt ihnen, ob der Schweizer Bundesrat richtig entschieden hat oder ob neue Konflikte im Nahen Osten eine Auswirkung auf unser Land haben?
Zeitungen sowie Fernseh- und Radiosendungen zu produzieren und zu veröffentlichen war früher ein Privileg der Medien. News-Inhalte wurden von Journalisten und Redakteuren erstellt, die dabei von Schriftsetzern, Druckern, Ton- und Schnitttechnikern und vielen anderen unterstützt wurden. Die technischen, finanziellen und logistischen Anforderungen waren immens - unterdessen sind die Hürden diesbezüglich verschwunden. Heute reichen vereinfacht gesagt alltäglich gewordene Gegenstände wie ein Smartphone oder ein Laptop um Inhalte zu erstellen. Fürs Publizieren gibt es zahlreiche kostenlose Angebote.
Es kann jedoch in der Lesart von Roger Blum überhaupt nicht sein, dass in Zukunft "nicht-Journalisten" wie Blogger oder YouTuber einem Publikum Informationen vermitteln. Er geht dabei von einer Haltung aus, die ich gerne als "Alleinvertretungs-Anspruch" benenne. Es ist die Behauptung, nur Journalisten und die grossen Verlage und Sender hätten die Fähigkeit, News zu gewichten und für den Leser oder Zuschauer in einen Kontext einzuordnen. Dies ist ziemlich arrogant und ein Affront gegenüber allen Bloggern, YouTubern und anderen Kreativen, welche Inhalte zu allen möglichen Themen online publizieren, ihnen einfach pauschal die Kompetenz abzusprechen. Denn nur mal so als Frage, was unterscheidet sie in ihrer Tätigkeit von einem Journalisten? Und noch viel wichtiger: Sie bilden eine Meinungsvielfalt jenseits der grossen Medienhäuser ab. Eigentlich sollten primär sie dafür die so genannte "Demokratie-Abgabe" bekommen.
Medienverdrossenheit
Von vielen Seiten wird heute eine wachsende Politik-Verdrossenheit beklagt. Diese zeigt sich häufig an einer geringen Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen oder an der Schwierigkeit politische Ämter überhaupt noch besetzen. Die Haltung "die in Bern machen sowieso was sie wollen" führt aber auch zur Frage, warum man sich über politische Belange überhaupt noch informieren soll, wenn dann Abstimmungsergebnisse eh wieder so uminterpretiert werden, dass sie der politischen Klasse genehm sind.
Aus der Politik-Verdrossenheit wird so eine "Medienverdrossenheit", mit der Folge, dass weniger News-Sendungen geschaut und politische Tageszeitungen gelesen werden. Die oft beschworene Medienvielfalt ist eh dabei nur eine Fassade. Alleine die SRG betreibt sieben Fernsehsender und 17 Radiostation und ist durch die Zwangsgebühren in einer privilegirten Stellung gegenüber ihren Mitbewerbern. Viele früher eigenständige Zeitungen haben sich zu Verbünden zusammengeschlossen, es dominieren heute wenige Gross-Verlage.
Das Resultat ist ein undifferenzierter "Einheitsbrei", der zu einem immer grösseren Teil aus aufbereiteten Agentur-Meldungen besteht. Ein bisschen Nahost, ein paar Flüchtlinge und etwas Klimawandel - das ist der tägliche thematische Mix. Der tatsächliche Newsgehalt, also der Neuigkeitswert, ist dabei oft zweifelhaft, da viele dieser Themen die Menschheit schon über Generation beschäftigen und eigentlich zum alltäglich gewordenen "Hintergrundrauschen" gehören. Oft hat die Themenauswahl in den News-Sendungen und Frontseiten der Zeitungen wenig Bezug zum Alltag in der Schweiz. Drängende Probleme bei uns sind unter anderem steigende Krankenkassenprämien und Mieten, das Gesunheitssystem generell, Altersarmut, Arbeitsplatzsicherheit, Dichtestress, Mobilität - diese werden aber hauptsächlich nur dann thematisiert, wenn ein Schweizer Politiker sich damit in Szene setzen will. Immer willkommen sind jedoch "Schweizer Themen" wie Schnee in den Bergen, die Eröffnung einer neuen Sesselbahn oder eine neue Theaterinszenierung an einem Schweizer Stadttheater.
Aber mit der reinen "Berichterstattung" ist es unterdessen für viele Redaktionen sowie nicht mehr genug. Mehr oder weniger gut verpackt werden unterschwellig die erwünschten politischen und gesellschaftlichen Ansichten transportiert. Das reicht vom einfachen "Nudging" bis hin zu konkreten Verhaltensvorschriften, wie man etwas gegen den Klimawandel tun kann. Für mich hat diese Art von Berichterstattung nichts mehr mit News zu tun, sondern für mich qualifizieren sich solche Beiträge klar als "Umerziehung".
Aber wo ist denn bei all dem der kompetente Journalist geblieben, dessen Arbeit Roger Blum als so bedroht einstuft? Oder reden wir hier schon von einer beinahe ausgestorbenen Art, dem "Homo Investigativus"? Dieser ist in der Tat nur noch selten mit seiner Leistung in freier Wildbahn zu beobachten, manche Exemplare leben nur noch in der geschützten Umgebung der durch Zwangsgebühren finanzierten Medienunternehmen.
Neue Player
Wie wir schon beim Aspekt der Deutungshoheit angesprochen haben, sind mit der Digitalisierung viele neue Player aufgetaucht, die um die Aufmerksamkeit der Leser und Zuschauer buhlen. Dies gilt natürlich nicht nur für die Schweizer Medienlandschaft, sondern ist eine globale Entwicklung. Die grössere Angebots-Vielfalt bedeutet logischerweise auch viele neue Verbreitungs-Kanäle. Damit sind wir bei den grossen Social Media-Plattformen und Suchmaschinen.
Blum behauptet dazu, die grossen Social Media-Plattformen würden sich wie publizistische Medien benehmen. Hier zeigt sich sein falsches Grundverständnis, denn Facebook oder Twitter sind keine publizistischen Medien nach dem traditionellen Muster. Sie sind Plattformen und kein Medium mit einer Redaktion, welche entscheidet, was publizieret wird. Die Gewichtung findet über Algorithmen statt und sie sind auch nicht mehr regional oder national verankert wie es Zeitungs-Verlage und Radio- und Fernsehsender zum grössten Teil bis heute sind.
Das Fehlen einer Redaktion führt aus seiner Sicht zu handfesten Problemen, nämlich dass Internet-Nutzer nicht beurteilen könnten, ob eine gewisse Information aus einer zuverlässigen Quelle stamme oder nicht. Zudem würden sich viele nur noch in so genannten Themen- und Gleichgesinntenblasen aufhalten, wobei er wohl gerade vergisst, dass auch er sein Referat vor einem dankbaren Publikum gehalten hat, dass man auch problemlos als Filterblase interpretieren kann.
Besonders Sorgen machen ihm die so genannten "News-Deprivierten", also die Gruppe derjenigen, die überhaupt keine politischen News mehr zur Kenntnis nehmen. Bei den 16- bis 29-Jährigen in der Schweiz soll diese Gruppe unterdessen mehr als 50 Prozent ausmachen. Die Lebensrealität der jungen Generation ist heute eine andere, das spiegelt sich auch in ihren generellen Interessen und in ihrem Informationsverhalten und es ist nicht an ihm oder uns, es zu bewerten oder sogar schlecht zu reden.
Natürlich dürfen in seiner Argumentation auch die "Fake News" nicht fehlen. Er sagt, es werden sehr viele Nachrichten vermittelt, die absichtlich falsch sind, weil eine bestimmte Optik verbreitet werden soll. Aber wo ist Grenze zwischen absichtlich erfundenen Pseudo-Fakten und dem Kundtun einer Meinung, welche unter Umständen nicht dem Mainstream entspricht? Indem man einfach alles als Fake News diskreditiert, was einem ideologisch nicht genehm ist, macht man es sich zu einfach und spricht dem Internet-Nutzer die Kompetenz ab, selber zu entscheiden, was er lesen und hören will.
Google als Feindbild
Die Medienunternehmen beschleunigen den Umbruch aber auch selber. Beim Internet-Boom um die Jahrtausendwende haben sie die oft kritisierte Gratis-Kultur mit geschaffen. Heute suchen sie intensiv nach Möglichkeiten Einnahmen zu generieren und schrecken dabei auch nicht vor Massnahmen zurück, welche das Internet in seinen Grundfesten angreifen. Gegenüber den Lesern und Zuschauern wird das allerdings oft als unausweichliche "Reaktion auf die Digitalisierung" dargestellt.
Gerade bei uns in Europa und der Schweiz wurden Dienstleister wie Google jahrelang als Feindbild aufgebaut. Als Resultat davon sind auf europäischer Ebene Vorschriften wie das Leistungsschutzrecht entstanden, welches das Verlinken, Teilen und Zitieren von online veröffentlichten Inhalten massiv erschwert und in eine rechtliche Grauzone verschiebt, dass man als Blogger oder sonst online aktive Person sich immer mehr überlegen muss, ob man da nicht schon mit einem Fuss im Gefängnis steht, wenn man einen Beitrag auf Twitter oder Facebook teilt. Die Grundidee des Internets wird auf diese Weise komplett untergraben. Für die freie Meinungsbildung bedeutet dies allerdings, dass künstlich neue Mauern und Hindernisse geschaffen werden - also das Gegenteil von dem, was in einer demokratischen Gesellschaft eigentlich stattfinden sollte.
Das Unterdrücken von Sharing von Inhalten und das Aufstellen von realitätsfremden Regeln für Dienste wie Google News wird aber unterm Strich dazu führen, dass die Newsseiten der grossen Medienmarken einen massiven Einbruch bei den Zugriffszahlen erleben werden. Das kann doch auch nicht in ihrem Sinne sein, da sie für Werbeeinnahmen auf hohe Besucherzahlen angewiesen sind.
Aber damit noch nicht genug, auch auf den eigenen Webseiten werden immer mehr Barrieren hochgezogen. Dies reicht von der Paywall bis hin zu einem Profil-Login, um die Inhalte mit weniger Werbung lesen zu können. Dies wird wiederum dazu führen, dass vermehrt frei zugängliche Informationsquellen von den Internet-Nutzern angesteuert werden, die nicht an die Vermarktungsmaschinerie der Verwertungs-Gesellschaften angeschlossen sind. Und das können dann auch sehr wohl Webseiten sein, die unabhängig von der politischen Ausrichtung so genannte "alternativen Fakten" verbreiten. Sie wären also das pure Gegenteil von journalistischer Sorgfalt und Kompetenz, sondern reine Propaganda-Maschinen.
Gedanken zum Abschluss
Roger Blum hat Recht, die Digitalisierung verändert die Medienlandschaft global und in den einzelnen Ländern massiv und führt vielerorts zu einer Konsolidierung. Veränderungen finden bei den Medienunternehmen wie auch bei den Zuschauern und Lesern statt. Zudem sind neue Player auf den Plan getreten und machen uns deutlich, dass die Zukunft der Schweizer Medienlandschaft nicht mehr nur in der Schweiz selbst entschieden wird.
Seine Forderung nach einer "Demokratie-Abgabe" zur Förderung von Newsmedien und Journalismus ist abzulehnen weil sie den Zugang zu Medien und Informationen nochmals verteuert. Gerade für Menschen mit geringen finanziellen Verhältnissen würde dies bedeutet, dass ein grösserer Teil ihres gesamten Medien-Budgets von den Zwangsgebühren zugunsten der "Staatsmedien" aufgefressen wird und sie von der existierenden Angebotsvielfalt ausgeschlossen werden. In einer Gesellschaft, die sich demokratisch nennt, sollte es jedoch allen Menschen frei gestellt sein, für welche Medien sie Geld bezahlen wollen.
Zudem ist es nur für Schweizer Medien gedacht. Es ist in unserem Land aber schon seit Jahrzehnten üblich auch ausländische Medien zu konsumieren. Die "Demokratie-Abgabe" würde den Schweizer Unternehmen einen Vorteil verschaffen und grenzt ausländische Medien damit automatisch ein Stückweit aus - so dass einfach der Beigeschmack von "Feindsender" zurückbliebt. Wenn man will, kann man diesen Gedanken von den News-Medien zur Unterhaltung weiterspinnen. Streaming-Anbieter wie Netflix will man ja jetzt schon politisch auf die "Schweizer Linie" zwingen und erlässt Vorschriften, wie weit die ausländischen Anbieter das Schweizer Filmschaffen mit Subventionen zu unterstützen hätten oder eine Strafe bezahlen müssen.
Sein Konzept offenbart sich bei näherer Betrachtung aber auch als elitär und rückwärtsgewandt. Der Geist der Digitalisierung soll zurück in die Flasche gesteckt werden. Es baut auf der Rückkehr zu den alten Strukturen von Sender (grosse Verlage und Radio-TV-Sender) und Empfänger (Zuhörer, Zuschauer und Leser) auf. News-Berichte können nur von einer selbsternannten Elite erstellt werden, allen anderen wird dazu die Kompetenz abgesprochen. Die breite Masse ist ebenfalls nicht in der Lage, selber zu entscheiden, welche Medien sie konsumieren will.
Die technischen Umwälzungen der Digitalisierung haben uns eine Demokratisierung der Produktions- und Veröffentlichungsmethoden gebracht - bitte verzeiht die sozialistische Rhetorik von meiner Seite. Dies wird aber nicht als neue Chancen für die angeblich erwünschte Meinungsbildung gesehen, sondern als knallharte Konkurrenz, welche die eigene Machtpositionen untergraben will. Ich bin der Überzeugung dass ich als Blogger, wenn ich über bevorstehende Abstimmungen schreibe - wie ich es übrigens schon getan habe - kein Geld aus der "Demokratie-Abgabe" dafür bekomme, da unser Blog nicht in die Strukturen von Leistungsaufträgen, Verwertungsgesellschaften und Journalisten-Verbänden passt.
Demokratie ist nicht nur eine Staatsform, in der das Volk das letzte Wort hat. Für eine demokratische Gesellschaft ist es unabdingbar, dass jeder und jede sich frei entscheiden können, wo und wie sich informieren und wie sie dafür bezahlen. Alles andere ist die Vorstufe zu Zensur und Meinungs-Diktatur und mit demokratiefeindlich. Für eine effektive Meinungsbildung ist eine Meinungs- und Medienvielfalt die Grundvoraussetzung. Staatlich finanzierte Massenmedien, wo eine selbst ernannte Elite meint, die Deutungshoheit für sich gepachtet zu haben und alles andere diskreditiert und ausgrenzt, sind da fehl am Platz und langfristig gesehen ein Auslaufmodell. Auch dies wird ein demokratischer Prozess in der hoffentlich nicht allzu fernen Zukunft zeigen.