Review - 'The best iPhone we ever built'

Review

'The best iPhone we ever built'

Von Hitzestau - 23.11.2019

Das iPhone 11 Pro ist ein rundum solides und gelungenes Smartphone.

Und damit haben wir das Fazit zum Gerät eigentlich schon zum Beginn unseres Artikels auf den Punkt gebracht: Punkto Gehäuse, Verarbeitung, Haptik, Display, Kamera und Benutzererlebnis gibt es am iPhone 11 Pro kaum etwas zu kritisieren - aber das war doch bei den Vorgängermodellen im letzten und vorletzten Jahr auch schon so, oder nicht?

Ihr merkt schon, dass dies kein klassisches Review wird. Wir wollen unsere Erfahrungen mit unserem Testgerät in den vergangenen Wochen zum Anlass nehmen, ein paar andere Aspekte zur Sprache zu bringen.

Smartphones sind zu Ende entwickelt

Und mit dieser Kapitel-Überschrift sind wir schon mitten drin im ersten Thema, das wir ansprechen wollen. Am iPhone 11 Pro lässt sich ein grundlegendes Problem festmachen, was fairerweise gesagt nicht nur Apple alleine betrifft, sondern die ganze Branche der Smartphone-Hersteller: Als Geräte-Kategorie ist das Smartphone zu Ende entwickelt.

Wo sind die Innovationen?

Was vor über zehn Jahren, genauer gesagt im Januar 2007 als "Apple reinvents the phone" begann, präsentiert sich heute als vielseitiger und erwachsen gewordener Computer im Hosentaschenformat, bei dem das Telefonieren nur noch eine Funktion unter vielen ist.

Wir haben das Problem in verschiedenen Smartphone-Reviews in der Vergangenheit schon angesprochen und auch beim Text zur Apple Watch Series 5 sind wir zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Weil die effektiven Veränderungen an der Hardware von Jahr zu Jahr in immer homöopathischeren Dosen ausfallen, wird es nicht nur immer schwieriger ein aussagekräftiges Review zu den jeweiligen Geräten zu schreiben. Es fällt auch immer schwerer, das "Neue" zu vermitteln, denn der "haben wollen"-Effekt ist verloren gegangen. Als Folge davon ist auch die Sinnhaftigkeit der Produkt-Updates im Jahresrhythmus zunehmend in Frage zu stellen.

Dieselbe Frage kann man auch für die Keynote-Events stellen, welche Jahr für Jahr zur Vorstellung der neuen Modelle wie ein Ritual zelebriert werden. Wenn es ausser einer technischen Weiterentwicklung nichts neues zu erzählen gibt, würde auch eine einfache Medienmitteilung ausreichen. Aber für das iPhone hat sich seit Jahren der September als "Keynote-Monat" eingebürgert. In diesem Jahr stand der Anlass unter dem Motto "By innovation only" und spielte damit genau auf das an, wofür Apple sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht hatte: Innovationen.

Dazu gehören in der Unternehmensgeschichte von Apple der erste Macintosh, der iPod als mobiler Musik-Player und natürlich das iPhone selbst. Hier hatte Apple im Jahre 2017 mit dem iPhone X zuletzt einen Meilenstein gesetzt. Der Home Button, zentrales Steuerelement seit dem ersten iPhone machte Platz für die Gesichtserkennung Face ID und eine angepasste Gestensteuerung. Mit dem iPhone X wollte Apple zeigen, wie die Zukunft des iPhone aussieht.

Aber wie sieht es dieses Jahr aus?

Ohne Zweifel hat Apple mit dem A13 Bionic Chip und ein paar anderen technischen Weiterentwicklungen eine solide Modellpflege betrieben. Seit dem iPhone X hat sich aber auch nicht mehr viel verändert, echte Innovationen sind ausgeblieben. Das iPhone war schon im vergangenen Jahr bezüglich Performance oder einzelnen Features wie dem Display ein Gerät auf sehr hohem Niveau - und das ist auch dieses Jahr wieder so.

Nichtsdestotrotz wollen wir uns im nächsten Abschnitt anschauen, wie es um das "best device we ever built!" in seiner Ausgabe 2019 hardware-mässig bestellt ist.

Das iPhone 11 Pro vorgestellt

Und da können wir uns getrost kurz fassen, denn am Gehäuse-Design und damit an Haptik und Handling hat sich im Vergleich zum iPhone XS oder auch dessen Vorgängern nichts geändert. Die Rückseite ist neu aus einem texturierten Glas gefertigt, was die Farben matter aussehen lässt als das klare Glas der vergangenen Jahre.

Quelle: Apple

Auf der Rückseite steht wie üblich bei Apple das gesamte Kamera-System hervor. Es nimmt mehr Fläche ein als früher, da die rückseitige Kamera neu drei Linsen besitzt: Zu den bekannten Weitwinkel- und Tele-Linsen ist neu eine Linse mit Ultraweitwinkel-Optik hinzugekommen.

Quelle: Apple

Das Gerät ist wie von Apple gewohnt sehr sauber verarbeitet. Gemäss IP68-Standard ist es bis zu einer Wassertiefe von vier Metern und gegen Staub geschützt. Die Akkulaufzeit gibt Apple im Vergleich zum iPhone XS mit vier bis fünf Stunden länger an. Auch wenn die Laufzeit immer stark vom eigenen Nutzungsverhalten abhängt, macht sich diese im Alltag doch bemerkbar. Das schnelle Aufladen mit dem mitgelieferten 18 Watt-Netzteil versorgt das iPhone innert 30 Minuten mit rund 50 Prozent Akkuladung. Das ist eine durchaus positive Entwicklung, da eine echte Schnelllade-Funktion dem iPhone lange gefehlt hat. Positiv ist auch, dass Apple jetzt ein leistungsstarkes Netzteil mitliefert, das war früher nicht der Fall.

Unser Testgerät dieses Jahr ist allerdings nicht das "Max" mit der Display-Diagonale von 6.5 Zoll, sondern das kleinere Modell mit 5.8 Zoll. Und diesen Wechsel empfinde ich als durchaus positiv, da es von der Handhabung im Alltag viel angenehmer ist. Ein grosses Display ist zwar schön, aber mit dem kleineren Modell mache ich keine Abstriche.
Archangel

Das OLED-Display gehört seit Jahren schon zu den besten Aspekten des iPhones, das ist auch beim iPhone 11 Pro nicht anders. Die Marketingabteilung hat dafür die Bezeichnung Super Retina XDR Display entwickelt. Die Auflösungen von 2436 x 1125 Pixel (5.8 Zoll) und 2688 x 1242 (6.5 Zoll) sind unverändert geblieben, somit liegt auch die Pixeldichte weiterhin bei 458 ppi. Zudem unterstützt es die True Tone-Technologie und den Farbraum P3. Andere wichtige Eckwerte wie Helligkeit, Kontrast und Energie-Effizienz wurden verbessert - und das sind Weiterentwicklungen die man auch sieht oder an der Akku-Anzeige spürt.

Quelle: Apple

Kamera als Ausweg?

Das rückseitige Kamera-System mit der neuen Ultraweitwinkel-Linse, neu gestalteter App und viel neuer Software unter der Haube bot Apple aber auch einen Ausweg aus dem Dilemma der fehlenden Innovationen. Der Hauptteil der Vorstellung des iPhone 11 Pro an der Keynote im September lag auffallend bei der Kamera.

Ich habe mir da gleich die Frage gestellt: Ist das noch ein klassisches Smartphone oder schon eher eine 8.1 mm dicke Smart-Kamera?
Monk-Trader

Bei der Kamera ist sozusagen noch Luft nach oben, man kann die Vorteile einer zusätzlichen Kamera-Linse besser und fassbarer erklären, als die gesteigerte Verarbeitungs-Geschwindigkeit der Neural Engine im Prozessor. Natürlich ist diese für diverse Funktionen der Kamera-App und von iOS 13 wichtig, aber es ist dem Publikum schwieriger zu vermitteln.

Was früher beim PC die MHz-Zahlen des Prozessors waren, sind heute bei den Smartphones die Ausstattung und Bildqualität der Kamera. Hier ist zwischen den Herstellern ein regelrechter Wettbewerb ausgebrochen, wer das beste Kamera-System und die fortschrittlichsten Algorithmen hat.
Archangel

Was die Ultraweitwinkel-Kamera selber angeht, ist Apple nur nachgezogen. Andere Hersteller verbauen schon länger derartige Linsen in ihren Smartphones.

Auf unsere eigenen Kamera-Erfahrungen werden wir im nächsten Kapitel näher eingehen.

Ein Smartphone "Pro"?

Bevor wir jedoch näher auf die Kamera eingehen, wollen wir zuerst mal ganz grundsätzlich fragen: Was soll die Bezeichnung "Pro" andeuten? Was kann an einem Smartphone überhaupt "professional" sein? Etwa, dass es sich in Call Centern verwenden lässt oder als Telefonzentrale eines Unternehmens dienen kann? Wohl kaum - Apple benutzt den Namenszusatz "Pro" um eine Abgrenzung zum "normalen" iPhone 11 zu schaffen.

Leider ist und bleibt das Schema der Namensgebung verwirrend. Nachdem letztes Jahr "Plus" durch "Max" abgelöst wurde, gibt es jetzt ein "Pro". Für mich ist das ein Fall von kompletter Überreizung des Begriffs "Pro" im Marketing.
Monk-Trader

Bei den Macs oder iPads mag es ja noch Sinn machen, auf diese Weise verschiedene Modell-Reihen voneinander zu differenzieren. Aber bei einem Alltagsgegenstand wie einem Smartphone, das primär für Aufgaben wie Messaging, Musik hören, Erinnerungs-Fotos machen, Health- und Fitesstracking oder Mobile Payment genutzt wird, passt er überhaupt nicht.

Es kann sogar sein, dass der Begriff "Pro" auf potentielle Käufer abschreckend wirkt.
Archangel

Das professionelle Kameraerlebnis

Und gerade in Bezug auf die Kamera nimmt Apple den Mund sehr voll, was das "Pro" angeht. Hier liesst man in der Medienmitteilung Sätze wie "Das neue Drei-Kamera-System … bietet ein professionelles Kameraerlebnis…" oder "So können selbst Anfänger Videoprojekte mit professioneller Qualität erstellen."

Quelle: Apple

Software und Algorithmen

Auch hier müssen wir wieder die Frage stellen, was denn "Pro" ist am Kamera-System?

Es kann nur schon aus Gründen der Physik keine Kamera mit einem grösseren Bild-Sensor und mit Wechselobjektiven ersetzen. Also wen greift Apple hier im Markt an? Das primäre Ziel von Smartphones generell sind die einfachen Kompakt-Kameras. Aber so wie Apple mit dem iPhone 11 Pro auftritt, scheint man es auch auf die DSLR (Digital Single Lens Reflex)- und DSLM (Digital Single Lens Mirrorless)-Kameras abgesehen zu haben. Dazu passen die verschiedenen Licht-Setups wie sie schon seit mehreren Jahren mit dem Portraitmodus gepflegt werden. Aber auch Funktionen wie SmartHDR oder den neuen Machtmodus, die man sonst nur mit einer entsprechenden Kameraausrüstung und einer Bildbearbeitungs-Software erzielen kann.

Mit iOS 13 und dem iPhone 11 Pro wird die so genannte "Computational Photography" auf die Spitze getrieben. Unter dem Begriff versteht man, dass zur Erzeugung von Effekten oder generell zur Steigerung der Bildqualität auf Algorithmen basierende Berechnungen zum Einsatz kommen. Diese finden vollständig im Hintergrund statt, als Benutzer hat man darauf keinen Einfluss.

Ich habe ein anderes Verständnis von "Pro" wenn es ums Fotografieren geht. Das fängt schon bei der Hardware selbst an - für mich gehört da eine Kamera mit lichtstarken Wechselobjektiven dazu. Und bei den digitalen Aufnahmen will ich mehr selber bestimmen und das gesamte Bild selber nachbearbeiten können.
Archangel

Beim iPhone 11 Pro agieren unterdessen vier derartige Funktionen im Hintergrund: SmartHDR, Portrait Mode, Night Mode und Deep Fusion. Die letztgenannte ist mit dem Update auf iOS 13.2 dazugekommen. Nicht jeder der vier genannten Funktionen ist mit allen drei Kamera-Linsen verfügbar oder sie ist wiederum abhängig von anderen Einstellungen. Das gibt der Kamera einen Level von Komplexität, mit dem man sich als Smartphone-Benutzer eigentlich nicht auseinandersetzen will. Man muss immer alles im Hinterkopf haben, die Idee von "einfach abdrücken" ging dabei verloren. Die Kameras im iPhone 11 Pro wirkt total überladen.

Gerade Deep Fusion ist für den iPhone-Fotografen nur schwer nachzuvollziehen. Die Funktion greift komplett im Hintergrund in die Aufnahme ein, es gibt keine Anzeige oder einen Hinweis in den Meta-Informationen, ob und wie weit Deep Fusion bei jeder einzelnen Aufnahme aktiv gewesen ist. Das Ziel der Funktion ist es, noch mehr feine Details im Bild sichtbar zu machen, gerade bei feinen Strukturen wie Haare oder Kleidung. An der Keynote und in vielen Reviews wird immer dieses Bild gezeigt, wenn es um Deep Fusion geht.

Quelle: Apple

Mit den folgenden Bilder-Paaren haben wir selber versucht, die Wirkung von Deep Fusion zu ergründen. Auch wenn Deep Fusion vollautomatisch im Hintergrund arbeitet, kann man es sozusagen ausschalten, indem an in den Kamera-Einstellungen die Funktion "Fotoaufnahme ausserhalb des Rahmens" / "Capture Outside the Frame" aktiviert. Jeweils rechts seht ihr die Aufnahme, bei der Deep Fusion nicht aktiv gewesen sein konnte.

Deep Fusion?
Ohne Deep Fusion!
Deep Fusion?
Ohne Deep Fusion!

Mit diesen eigenen Testaufnahmen können wir ehrlich gesagt keinen Unterschied feststellen. Wir können ja nicht einmal mit Sicherheit sagen, dass im jeweils linken Bild Deep Fusion überhaupt in die Aufnahme eingegriffen hat. So bleibt Deep Fusion für uns ein schöner Begriff in der Theorie. Denn in der Realität fotografiert man ja weil man einen Moment als Erinnerung festhalten will und nicht um ständig Vergleichsbilder mit verschiedenen Einstellungen zu machen.

Es stellt sich aus unserer Sicht schon die Frage, was man als durchschnittlicher Smartphone-User wirklich davon hat? Es wäre vielleicht besser von Apple gewesen, einfach das Resultat - nämlich gute Bilder zu machen - ins Zentrum zu stellen, anstatt eine Technologie zu beschreiben, die man als Anwender nicht nachvollziehen kann. Und hier sind wieder beim Problem, das wir schon im Einstieg angesprochen haben: Als Smartphone hat das iPhone schon letztes Jahr gute Bilder gemacht - und dieses Jahr ist es auch wieder so, nur mit ein paar Zusätzen.

Etwas einfacher hat man es da mit dem Nachtmodus / Night Mode, der ebenfalls mit dem iPhone 11 Pro eingeführt wurde. Bei Dunkelheit aktiviert sich der Modus automatisch, Dämmerung alleine reicht dafür nicht aus. Bei Innenaufnahmen ist es schwerer eine allgemein-gültige Regel zu finden. Je nach Motiv kann schon ein dunkles im Bildausschnitt reichen, auch wenn der Rest des Raumes noch relativ hell ist. Bei aktivem Nachtmodus / Night Mode erscheint ein gelber Punkt links in der Kamera-App.

Wenn man drauftippt, erscheint rechts ein Regler mit dem man die Belichtungszeit anpassen oder das Aufhellen deaktivieren kann. So sind auch die folgenden Vergleichsbilder (links ohne Aufhellung, rechts mit Aufhellung) entstanden. Der Nachtmodus / Night Mode funktioniert nur mit der normalen Weitwinkel-Kamera, den bei der Tele-Linse wird ein digitales Zoom benutzt.

Ohne Nachtmodus
Mit Nachtmodus
Ohne Nachtmodus
Mit Nachtmodus

Praktische Foto-Erfahrungen

Eine echte Hardware-Neuerung für iPhone-Fotografen stellt die Kamera mit der Ultraweitwinkel-Linse auf der Rückseite dar. Diese drei Aufnahmen in der Reihenfolge Weitwinkel / Ultraweitwinkel / Tele zeigen Euch die Bandbreite, welche der Wechsel zwischen den insgesamt drei Linsen bietet:

Mit SmartHDR liefert die Kamera auch bei schlechtem Wetter sehr schöne Ergebnisse. Die Funktion ist standardmässig aktiviert, und wir haben damit auch alle unsere Testbilder gemacht. Erfreulich ist, dass das iPhone 11 Pro die Panorama-Aufnahmen wieder besser zusammensetzt als der Vorgänger XS, mit dem wir diesbezüglich nicht so gute Erfahrungen gemacht hatten.

Am meisten hat uns natürlich die neue Ultraweitwinkel-Linse interessiert, auch wenn wir schon bei anderen Smartphone-Reviews damit Erfahrungen sammeln konnten. Es ist natürlich schön, "mehr draufzukriegen", aber mit einem Ultraweitwinkel zu fotografieren bedeutet halt auch, dass es zu perspektivischen Verzerrungen kommt: So wirken beispielsweise gerade Gebäudefassaden schief und Objekte, die sich dicht vor der Kamera bzw. dem iPhone befinden, werden deutlich grösser dargestellt. Diesen Effekt kann man hier sehr schön sehen:

Es ist deshalb kein universell einsetzbares Objektiv, sondern man sollte den Effekt mit Bedacht einsetzen. Gerade bei Landschaften oder einem Blick in die Ferne, kann ein Ultraweitwinkel jedoch sehr gut das Gefühl von Weite und unterstreichen.

Auf kürzere Distanz lassen sich ebenfalls abwechslungsreiche Effekte erzielen.

Im folgenden haben wir hier eine kleine Galerie mit Testbildern zusammengestellt. Zum Teil wurden diese vor und andere nach dem Update auf iOS 13.2 aufgenommen.

Auch wenn wir im vorangegangenen Kapitel mit dem Konzept von Deep Fusion unsere Mühe bekundet haben, müssen wir es hier am Ende unserer Bildergalerie fairerweise nochmals deutlich zum Ausdruck bringen: Das iPhone 11 Pro macht sehr gute Fotos und die Kamera kommt sehr gut mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen im gleichen Bild zurecht.

Ausgraden in Fotos

Zum Abschluss unserer Auseinandersetzung mit der Kamera wollen wir noch auf eine spezielle Funktion aus Fotos in iOS 13 eingehen: Schräge aufgenommene Bilder lassen sich nachträglich ausgraden. Dazu muss in den Kamera-Einstellungen die Funktion "Fotoaufnahme ausserhalb des Rahmens" / "Capture Outside the Frame" aktiv sein während der Aufnahme. Wenn man mit der Tele- oder der Weitwinkellinse fotografiert, nimmt das iPhone mit dem Ultraweitwinkel zusätzliche Bildinformationen auf.

So sieht unser Beispielbild vor der Bearbeitung aus.

In Fotos lässt sich der Bildausschnitt so anpassen, dass die Gebäude wieder gerade sind. Wenn man den Button (Drehen / Ausschneiden) unten rechts antippt, wird das Bild automatisch ausgegradet.

Zudem lassen sich vertikale und horizontale perspektivische Verzerrungen in der Aufnahme ausgleichen.

Und dank den zusätzlich aufgenommenen Bildinformationen lässt sich sogar das "abgeschnittene" Dach des rechten Gebäudes nachträglich wieder herstellen, indem man den Bildausschnitt anschliessend leicht nach oben verschiebt.

Und so sieht dann das fertig bearbeitete Bild aus.

Die zusätzlichen Bildinformationen, welche diese nachträgliche Korrektur überhaupt erst möglich machen, werden vom System automatisch nach 30 Tagen gelöscht.

Wer seine mit dem iPhone 11 Pro gemachten Bilder via iCloud auf ein iPad synchronisiert, kann auch dort von dieser Funktion profitieren. Als Voraussetzung muss iPadOS 13 installiert sein. Unter macOS steht die Funktion nicht zur Verfügung, und dass weder unter Mojave 10.14 noch unter Catalina 10.15. Damit besteht ein grosser Unterschied in der Benutzer-Erfahrung zwischen den Mobile-Plattformen (iOS / iPadOS) und dem Desktop mit macOS, was sehr untypisch ist für Apple. Und auch aus Ergonomie-Gründen wäre es praktischer, das Ausgraden der Bilder an einem grösseren Bildschirm mit Eingaben via Tastatur, Maus oder Trackpad vornehmen zu können.

Der Preis ist (zu) heiss

In diesem Artikel sind wir etwas härter "ins Gericht gegangen" als sonst für uns üblich. Und gerade deshalb müssen wir noch aufs Thema Preis zu sprechen kommen, auch wenn wir in Gefahr laufen uns zu wiederholen, da wir dies schon in anderen Reviews angesprochen haben.

Um es auf den Punkt zu bringen: die Preise für ein Smartphone sind bei schon länger Apple komplett aus dem Ruder gelaufen. Zwar sind die Preise jetzt gegenüber dem vergangenen Jahr nicht nochmal gestiegen, aber aus unserer Sicht ist dieses Preisniveau nicht mehr zu rechtfertigen.

Teurer Alltagsgegenstand

Smartphones sind definitiv zu Gebrauchsgegenständen im Alltag geworden. Man benutzt sie ganz selbstverständlich für Messaging, Musik, Fotos, Internet oder fürs Health- und Fitesstracking, für Mobile Payment, als elektronische Tickets oder um Smart Home-Geräte zu steuern. Und selbst diese Aufzählung kratzt nur an der Oberfläche.

Und gerade weil es Alltagsgegenstände geworden sind, sind auch immer weniger Leute bereit, soviel Geld dafür auszugeben. Sicher stecken in Weiterentwicklungen wie dem A13 Chip ingenieurstechnisch gesehen viel Arbeit und Entwicklungsaufwand drin, aber es ist dem potentiellen Käufer immer schwieriger zu erklären, warum dies auch gute Argumente sind, sich für einen Kauf zu entscheiden - und warum dieser so teuer ist.

Ich frage mich, wo das Limit ist, das Kunden bereit sind zu bezahlen. Für mich ist klar, die Preise müssen runter, um wieder mehr Akzeptanz bei den Kunden zu erreichen. Preise von über 1000 Franken sind nicht mehr zu rechtfertigen, auch nicht für so genannte Premium-Modelle.
Monk-Trader

Seit dem iPhone X hat sich im Grunde nur wenig verändert. Das Display ist heller geworden und der Prozessor schneller, aber für das iPhone 11 Pro wirklich von einem neuen Modell zu sprechen, was diese Bezeichnung auch verdient, fällt eher schwer. Die Kamera wird von Apple gerne als Preistreiber eingesetzt, da die neusten Kamera-Funktionen immer nur mit der neusten Modell-Generation funktionieren. Damit soll ein Stück weit kaschiert werden, dass die Kategorie Smartphone im gegenwärtigen Formfaktor eigentlich ausentwickelt ist.

Mir fällt es daher immer schwerer zu verstehen, wo der Kaufanreiz ist. Smartphone-Fotos sind für mich meist Schnappschütze oder digitale Notizen. Ein einfaches Modell mit einem guten OLED-Display und einer normalen Weitwinkel-Kamera mit HDR würde mir schon reichen. Oder warum nicht einen Konfigurator einrichten, bei dem man als Kunde beispielsweise zwischen verschiedenen Kamera-Modulen auswählen kann?
Archangel
Die vorgebrachte Kritik an der Preisgestaltung ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass das iPhone 11 Pro für sich betrachtet, ein Top-Smartphone ist. Ich mag die unkomplizierte Bedienung, das Öko-System, die Backup-Funktion und die regelmässigen Updates... nur der Preis ist völlig überzogen.
Monk-Trader

Die aktuellen Verkaufspreise des iPhone wirken auch nicht mehr sehr realistisch, wenn man schaut, was für Geräte man von anderen Herstellern bekommt. Und es gibt auch keine Preissenkungen übers Jahr hinweg, die offiziellen Verkaufspreise sind immer gleich hoch. Vorjahres-Geräte als Einstiegermodelle zu verkaufen ist auch keine besonders gute Idee, da diese dann weniger lange noch mit Software-Updates versorgt werden.

So bleibt der Eintrittspreis ins Öko-System von Apple unverändert hoch. Wenn man jedoch auf die Apple-spezifischen Funktionen wie Handoff und Continuity oder eine Apple Watch verzichten kann, dann steht einem als Smartphone-Käufer eine breite Palette von Modellen von verschiedenen Herstellern offen. Hier kriegt man sozusagen "viel Smartphone für relativ wenig Geld". Und um die Grundfunktionen eines Smartphones abzudecken, muss es kein iPhone sein. Die Konkurrenz für Apple sind günstige Android-Smartphones und billige Geräte, die unter anderem via Aliexpress verkauft werden.

Aber das Öko-System von Apple macht halt auch einen Teil der Attraktivität der Geräte aus. Dazu gehört auch das Betriebssystem iOS, welches für einen hohen Bedienungskomfort und durchgängige Konsistenz in der Benutzer-Oberfläche steht. Schauen wir uns deshalb im nächsten Abschnitt die wichtigsten Neuerungen an, die diesen Herbst mit iOS 13 eingeführt worden sind.

Neuerungen in iOS 13

Bei iOS 13 zählt sicher der Dark Mode zu den grössten Neuerungen. Mac-Nutzer kannten diesen schon aus macOS 10.14 Mojave vom vergangenen Jahr, zudem boten einzelne Apps schon länger einen Dark Mode als Alternative.

Ich mag den Dark Mode auf dem iPhone, man kann sich besser auf die angezeigten Inhalte fokussieren, wenn der Rahmen nicht immer so hell ist.
Archangel

Gut gefallen uns auch die Neuerungen bei der Send-Funktion, wo jetzt direkt häufig verwendete Namen als Empfänger angezeigt werden. Das ist sehr praktisch, schade ist nur, dass man nicht selber bestimmen kann, wer angezeigt wird und wer nicht.

Weniger gut gelöst ist hingegen die Update-Funktion im AppStore. Dass ausstehende Updates für die einzelnen Apps im Benutzerprofil versteckt sind, ist aus unserer Sicht etwas zu verschachtelt gedacht und sehr unübersichtlich. Früher waren ausstehende Updates auf den einen Blick ersichtlich. Es scheint so, dass Apple es bevorzugen würden, wenn man als Anwender einfach die automatischen Updates aktiviert.

Gefahren der Hochpreis-Strategie

Die wirkliche Gefahr bei der Hochpreis-Strategie von Apple liegt in den Auswirkungen auf die Marktanteile. Wenn diese unter einen gewissen Schwellenwert sinken, kann dies die Attraktivität der iOS-Plattform gefährden. Die App-Entwickler sind das Rückgrat des Öko-Systems und sie müssen sich immer wieder überlegen, für welche Plattformen es sich lohnt, Apps zu entwickeln und anzubieten. Entscheidend ist dabei die Anzahl der Benutzer, also der Marktanteil.

Wenn weniger Apps für iOS entwickelt werden, sinkt auch die Attraktivität der Plattform als ganzes. Und kann das unmöglich im Interesse von Apple sein. Denn das iPhone ist immer noch der grösste Umsatzbringer für den Konzern, auch wenn Apple unterdessen angefangen hat in seiner Strategie mehr auf "Services" zu setzen. Die Regulierung der Geräte-Preise dem Markt zu überlassen funktioniert nicht, da Apple der einzige Hersteller von Geräten mit iOS als Betriebssystem ist.