Review - Samsung DeX

Review

Samsung DeX

Von Hitzestau - 16.01.2019

Seit der Lancierung im Frühjahr 2017 hat Samsung den DeX-Modus deutlich weiterentwickelt. Auf Basis der neuen Geräte Note9 und Tab S4 ist auch keine spezielle Docking-Station mehr notwendig. Und mit Linux on DeX ist es sogar möglich, eine Installation von Linux Ubuntu zu nutzen, wobei es sich dabei aktuell noch um eine Beta handelt.

Was ist DeX?

Die Abkürzung DeX steht für Desktop Experience, und damit wird eigentlich schon deutlich, um was es geht: man kann Tastatur, Maus und einen Bildschirm an ein Smartphone anschliessen und bekommt auf diese Weise ein "Desktop-ähnliche" Benutzererlebnis.

Samsung DeX mit Bildschirm, Maus und Tastatur.
Quelle: Samsung

Einführt wurde DeX von Samsung im Frühjahr 2017 auf Basis des Galaxy S8-Smartphones. Heute unterstützen die seitdem lancierten Top-Modelle von Samsung den DeX-Modus, eine Liste aller Geräte findet Ihr am Ende dieses Artikels. Für diesen Beitrag konzentrieren wir uns auf DeX auf Basis von Note9 und Tab S4.

DeX im Alltag

Um DeX zu starten, muss man einen externen Bildschirm via ein USB-C auf HDMI-Kabel anschliessen. Maus und Tastatur sind nicht zwingend erforderlich, aber sie machen die ganze Sache natürlich viel einfacher und ergonomischer zum Bedienen. Eine Besonderheit stellt zudem das Tab S4 dar, weil auf ihm DeX auch direkt läuft, also ohne einen angeschlossenen Bildschirm.

DeX mit dem Smartphone.
Quelle: Samsung
Samsung Tab S4 im DeX-Modus.
Quelle: Samsung

Die Benutzeroberfläche wird nicht einfach vom Smartphone oder Tablet übernommen. Für DeX hat Samsung eine eigene Benutzeroberfläche entwickelt, die sich an den Konventionen von einem Desktop-Betriebssystem orientiert, so dass man sich schnell zurecht findet.

Externe Bildschirme werden von DeX bis zu einer maximalen Auflösung von 2560 x 1440 (WQHD) unterstützt. Zudem stehen in den Einstellungen FullHD (1920 x 1080) und HD+ (1600 x 900) zur Verfügung. Bei der Lancierung von DeX mit dem S8 lag die maximale Auflösung noch bei FullHD. Das Seitenverhältnis ist dabei auf 16:9 fixiert, DeX kann die Darstellung nicht an einen Monitor mit einem anderen Seitenverhältnis anpassen. Je nach Seitenverhältnis des eigenen Monitors empfiehlt es sich, auf eine 1:1-Darstellung zu wechseln, damit die Darstellung verzerrungsfrei ist. Dafür muss man dann schwarze Balken in Kauf nehmen.

Das dargestellte Schriftbild hängt natürlich vom verwendeten Monitor ab und lässt sich wenn nötig auch via das OnScreen Display des Monitors anpassen.

Schauen wir nun die Benutzeroberfläche näher an: Rechts unten auf dem Desktop befindet sich eine Status-Leiste mit wichtigen Informationen und direktem Zugriff auf verschiedene Funktionen wie beispielsweise die Benachrichtigungen.

DeX Desktop Ansicht

Der Button unten links öffnet das Menü mit allen Apps.

DeX Startmenu / App Übersicht

Die Desktop-Oberfläche von DeX erlaubt es, Apps in Fenstern laufen zu lassen. Diese können auf die Bildschirm frei angeordnet werden. Die Fenster von Apps, welche den DeX-Modus im vollen Umfang unterstützen, können in der Grösse beliebig angepasst werden, wie man in den beiden folgenden Screenshots mit Microsoft Word als Beispiel sieht.

DeX Microsoft Word im Fenster-Modus
DeX Microsoft Word im Vollbild

Apps, welche DeX nur eingeschränkt unterstützen, laufen in einem Fenster mit einer fixen Grösse. Bei ihnen kann man nur zwischen einer Anzeige im Hoch- oder Querformat wechseln. Als Beispiel dient hier die App von 500px:

DeX Android-App im Hochformat
DeX Android-App im Querformat

So sieht es auf dem Bildschirm aus, wenn man mehrere Apps gleichzeitig offen hat:

DeX mit vielen Apps

Zudem lassen sich mit der Tastatur verschiedene Tastenkombinationen nutzen wie man es vom Desktop-Rechner oder Notebook her kennt, wobei die Unterstützung hierfür von App zu App sehr unterschiedlich sein kann. Mit der Maus lässt sich per Rechtsklick das Kontext-Menü öffnen.

Eine Stärke von DeX liegt darin, dass man mit Maus und Tastatur an einem PC-Monitor arbeiten kann. Das ist natürlich viel ergonomischer als alles auf dem Display des Mobilgerätes erledigen zu wollen.
Archangel von hitzestau.com

Man darf sich aber von der Desktop-ähnlichen Benutzer-Oberfläche nicht täuschen lassen: man benutzt die selben Apps wie auf dem Smartphone oder Tablet und nicht die Desktop-Versionen der jeweiligen Programme. Das gleiche gilt auch für das Betriebssystem, daher gestaltet sich beispielsweise der Umgang mit Dateien genauso, wie man es von Android-Geräten her kennt. Auch der Browser kann je nach Webseite als mobile-Version erkannt werden, was dann dazu führt, dass man auf einem grossen PC-Bildschirm die Smartphone-Version einer Webseite angezeigt bekommt, so dass die Webseite kaum benutzbar ist.

Auch beim Öffnen von Apps merkt man, dass man mit einem mobilen Betriebssystem unterwegs ist: im DeX-Modus ist es nicht möglich, zwei Fenster derselben App (also zum Beispiel zwei Word-Dokumente nebeneinander) offen zu haben. Im Chrome-Browser kann man hingegen mehrere Tabs gleichzeitig geöffnet haben, aber auch nicht in zwei Fenstern.

DeX Android Chrome-Browser mit Tabs

Was auch nicht geht, ist dieselbe App gleichzeitig auf dem externen Bildschirm und dem Smartphone oder Tablet geöffnet zu haben.

Es gibt aber auch Apps, welche den DeX-Modus überhaupt nicht unterstützen. Ihr Icon wird jedoch trotzdem in der DeX-Oberfläche angezeigt. Versucht man eine solche App zu starten, wird nur eine kurze Mitteilung eingeblendet, dass die gewählte App mit DeX nicht kompatibel sei.

Als Alternative kann man die App dann auf dem Smartphone oder Tablet laufen lassen, denn diese können bei DeX verschiedene Funktionen übernehmen: Man kann sie als zweiten Bildschirm benutzen und eine andere App als auf dem externen Monitor geöffnet haben, oder man kann sie zur Eingabe als TouchPad oder mit der Touch-Tastatur verwenden. Dies wird als Option beim Wechseln in den DeX-Modus in den Benachrichtigungen angezeigt und kann auch dort aktiviert werden. Als dritte Möglichkeit lässt sich das Display auch ganz einfach ausschalten, wenn Maus und Tastatur als Peripheriegeräte angeschlossen sind.

Aber auch von der Kommunikation ist man nicht abgeschnitten: Eingehende Telefonanrufe werden auf dem externen Bildschirm angezeigt und können auch beantwortet werden. Am besten benutzt man dann die Freisprech-Funktion oder verwendet ein Headset, welches via Bluetooth verbunden ist.

Die Performance hat sich seit den Anfängen von DeX massiv verbessert. Das liegt sicher auch daran, dass die Hardware ein gutes Stück leistungsfähiger geworden ist. Einfache Aufgaben lassen sich mit DeX sehr gut erledigen – und man hat immer den Komfort eines grösseren Bildschirms.
Monk-Trader von hitzestau.com

Neben der Performance ist natürlich auch der Akku-Verbrauch von Interesse: Dieser nimmt im Vergleich zur normalen Nutzung des Smartphones oder Tablets massiv zu. Es empfiehlt sich daher dringend immer darauf zu achten, dass das Gerät aufgeladen wird, wenn man DeX verwendet. Auf geeignetes Zubehör verweisen wir am Ende unseres Erfahrungsberichtes.

Linux on DeX

Die Zusammenarbeit mit Canonical wurde an der Samsung Developer Conference im vergangenen Herbst bekanntgegeben. Linux on DeX läuft momentan in einer Beta-Phase, an der man nur nach einer Registrierung teilnehmen konnte. Hardwareseitig wird ein Note9 oder ein Tab S4 vorausgesetzt. Aktuell besteht jedoch keine Möglichkeit, sich für die Teilnahme zu registrieren. Je nachdem wie es mit dem Projekt Linux on DeX weitergeht, kann es sein, dass weitere Interessenten zugelassen werden. Wer sich für Linux on DeX interessiert, meldet sich am besten auf der offiziellen Webseite für Updates zum Projekt an.

Die Möglichkeit, eine Linux Ubuntu-Installation laufen zu lassen, ist ein grosser Entwicklungsschritt für DeX, denn bisher war DeX darauf ausgerichtet, auf Basis von Android und Android-Apps ein "Desktop-ähnliches" Benutzererlebnis zu bieten – so wie wir es im vorangegangenen Kapitel beschrieben haben. Bei Linux on DeX handelt es sich um eine volles Desktop-Betriebssystem, welches für DeX angepasst wurde.

Das "Linux on DeX"-Video von Samsung vermittelt einen guten ersten Eindruck (Video wurde entfernt):

Die Grundlage von Linux on DeX ist die Ubuntu-Version 16.04 mit Langzeit-Support (LTS), das für ARM 64-bit-Prozessoren kompiliert wurde und ein paar weitere Anpassungen enthält, damit es auf den Samsung-Geräten lauffähig ist.

Als Desktop-Oberfläche kommt bei Linux on DeX Mate zum Einsatz. Der Verzicht auf einen aktuelle Unity- oder Gnome-Desktop deutet darauf, dass es technisch nicht so einfach ist, Linux und Android auf demselben Gerät zum laufen zu bringen.

Wie bei Linux-Distributionen üblich, sind bereits umfangreiche Softwarepakete vorinstalliert. Weitere lassen sich dazu installieren, immer vorausgesetzt, sie werden in einer ARM 64-bit-Version angeboten. Linux on DeX umfasst auch eine Terminal Konsole, was es für Webentwickler und Programmierer besonders interessant macht.

Linux on DeX Desktop

Auch komplette Entwicklungsumgebungen wie beispielsweise IntelliJ IDEA oder Visual Studio Code sind schon installiert. Mit Chromium und Firefox sind zwei verschiedene Browser mit an Bord. Mit dem entsprechenden SDK lassen sich sogar Android-Apps entwickeln, nur das Testen wäre dann nicht so einfach.

Linux on DeX Entwicklungsumgebung IntelliJ IDEA
Linux on DeX sehe ich aktuell als interessante Tech-Preview, da es den Geräten wie Note9 oder Tab S4 einfach an Speicher fehlt, um grössere Programmier- oder Webprojekte damit umzusetzen.
Monk-Trader von hitzestau.com

Und dass man es als Benutzer mit einem echten Desktop-Betriebssystem zu tun hat, zeigt sich beispielsweise auch daran, dass mit Linux on DeX möglich ist, zwei Fenster desselben Programms offen zu haben – etwas was unter dem "normalen" DeX nicht möglich ist, wie wir im obigen Kapitel mit dem Beispiel von Microsoft Word bereits beschrieben hatten. Unter Linux steht die Office-Suite von Microsoft nur als Variante im Browser zur Verfügung, aber zwei Browserfenster sind ja wiederum möglich. Auch Browser-Extension wie beispielsweise ein Adblocker lassen sich hier installieren. Im folgenden Screenshot sieht man, wie zwei Fenster des Chromium-Browsers geöffnet sind:

Linux on DeX zwei Chromium Fenstern nebeneinander

Wenn man Linux on DeX länger verwendet, ohne dass das Smartphone oder Tablet am Strom angeschlossen ist, muss man aufpassen, da die verbleibende Akkuleistung recht schnell abbaut und es unter Linux keine Akkuanzeige gibt.

Um Linux on DeX zu beenden, gibt es keinen Button oder keinen Menüpunkt "Herunterfahren", wie man es sonst von Linux her gewohnt ist. Auch in der Terminal-Konsole funktionieren die Befehle reboot und shutdown nicht. Man schliesst die Linux on DeX-App ganz einfach, indem man auf das X in der Menüleiste klickt. Es empfiehlt sich natürlich, vorher alle Dateien zu speichern.

Kompatible Geräte und Zubehör

Wie oben angekündigt, gehen wir hier nun noch auf die Geräte ein, welche DeX unterstützen sowie auf benötigtes Zubehör.

Die Smartphones Galaxy S8/S8+, Note 8 und S9/S9+ unterstützen DeX und benötigen eine spezielle Docking-Station (DeX Station oder DeX Pad). Das Galaxy Note9 und das Tablet Tab S4 benötigen hingegen keine spezielle Dockingstation, sondern nur ein USB-C / HDMI-Kabel, um den Monitor anzuschliessen. Auf dem folgenden Bild sieht man die DeX Station im Einsatz:

Smartphone mit der DeX Station.
Quelle: Samsung

Mit einer der beiden Docking-Stationen ist auch das Aufladen des Smartphones kein Problem, da beide über einen integrierten Stromanschluss besitzen. Zudem verfügen beide über einen integrierten Lüfter, um das Smartphone zu kühlen.

Wenn man für Note9 oder Tab S4 nur ein USB-C / HDMI-Kabel verwendet, wird das Gerät natürlich nicht aufgeladen. Deshalb empfiehlt es sich, einen passenden Adapter zu verwenden, der ebenfalls über einen integrierten Stromanschluss verfügt. Von Samsung gibt einen so genannten Multiport Adapter, von Drittherstellern werden ähnliche Geräte angeboten.

Samsung Multiport Adapter.
Quelle: Samsung

Fazit

Im Vergleich zur ersten Version von DeX, die wir uns vor knapp zwei Jahren auf Basis des Galaxy S8 angeschaut hatten, hat DeX sich in verschiedenen Punkten weiterentwickelt. Das betrifft vor allem die Performance, das Arbeiten auch mit mehreren Apps gleichzeitig wirkt flüssiger, einzig die Maus macht oft einen etwas zu trägen Eindruck.

Nach wie vor eine Stärke ist das Plus an Ergonomie. DeX kann für einfache Arbeiten zum Einsatz kommen, die sich unter Android und den dort zur Verfügung stehenden Apps erledigen lassen. Der Vorteil ist dann, dass man eine grössere Bildschirmfläche zur Verfügung hat, zudem sind Eingaben via Tastatur und Maus auch ergonomisch besser, als alles auf dem kleinen Display eines Smartphones erledigen zu wollen.

Was uns auch gut gefällt ist, dass es beim Note9 und beim Tab S4 keine Docking-Station mehr benötigt. Auf dem Tablet läuft DeX sogar ohne externen Monitor, so dass man dann auf dem Touchdisplay mit Fenstern arbeiten kann, was Android sonst nicht beherrscht.

Mit Linux on DeX, was sich aktuell in einer Beta-Phase befindet, zeigt Samsung neue Perspektiven für die Weiterentwicklung von DeX, weil es sich um ein volles Desktop-Betriebssystem handelt. Vor allem für Webentwickler und Programmierer hält Linux on DeX ein paar sehr interessante Möglichkeiten bereit und es wäre wünschenswert, wenn Samsung diese Schiene weiterverfolgt.

Einen PC oder einen Notebook komplett ersetzen kann DeX nach unserer Erfahrung nicht, aber das sollte auch nicht die Erwartungshaltung sein, wenn man DeX benutzt. Wenn man jetzt mal DeX on Linux ausklammert, darf man nicht vergessen, dass das "Desktop-ähnliche" Benutzererlebnis zu einem grossen Teil vom grossen Bildschirm und der Eingabe via Tastatur und Maus her kommt – das darunterliegenden Betriebssystem ist für Mobil-Geräte konzipiert.

Lösungen wie DeX zeigen aber auch, wie sich in Zukunft die Ausstattung von Arbeitsplätzen verändern kann. Auf Basis von einem Smartphone oder Tablet lassen sich hier die Bedürfnisse nach Flexibilität und Mobilität einerseits und nach ergonomischem Arbeiten am Schreibtisch andererseits unter einen Hut bringen. In Kombination mit Remote Desktop-Apps für Windows eröffnen sich ganz neue Konzepte – die Frage nach der Akzeptanz ist dann natürlich eine andere.

Samsung verschafft sich mit DeX eine gute Ausgangsbasis für zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich. Daher wäre es aus unserer Sicht auch nur richtig und wichtig, wenn DeX auch auf der Basis von kommenden Generationen von Smartphones und Tablets weiterentwickelt wird. Denkbar wäre hier etwa die Unterstützung für 4K-Monitore oder für ein Setup mit zwei Bildschirmen.