Hat Apple sich übernommen?

Hat Apple sich übernommen?

Von Hitzestau - 06.10.2022

Im Herbst sollten eigentlich himmlische Lobeshymnen über die neusten Gadgets erschallen um Konsumenten in zahlende Kunden zu verwandeln. Doch in den letzen drei Wochen jagt ein Bug-Report den nächsten.

Kriegen die in Cupertino nichts mehr richtig hin? Man hat den Eindruck als würde Apple zum erste Mal neue Hardware und neue Versionen von Betriebssystemen auf den Markt bringen. Seit dem Release von iOS 16 am 12. September dieses Jahren lesen sich die Schlagzeilen der Newsseiten und Foren wie Fehlerberichte zu Beta-Versionen: Beim iPhone entladen Akkus sich zu schnell, Kameras machen Geräusche und unscharfe Bilder, Displays bleiben dunkel, gewisse E-Mail Adresse sorgen für Abstürze und Videos lassen sich nicht nachbearbeiten.

Quelle: Pixabay

Aber auch andere Geräte und Plattformen kommen nicht ungeschoren davon: Bei manchen Kunden versagen die Mikrofone der Apple Watch den Dienst. Hier ist Apple sogar daran, Geräte auszutauschen. Beim Premium-Modell Apple Watch Ultra berichten Besitzer sogar von Display-Problemen, wenn man schnell durch Inhalte wie eine Liste mit Messages durchscrollt. iPadOS, das Betriebssystem für die Tablets, ist in der Version 16 noch gar nicht veröffentlicht worden. Zudem verschieben sich viele angekündigte neue Funktionen im Apple Ökosystem auf später - eine lästige “Mode” die Apple sich schon seit längerem angewöhnt hat.

Rund um tvOS auf der Apple TV-Box zeigen sich ebenfalls sehr grosse Software-Schnitzer. Das sonst so reibungslose Zusammenspiel der Geräte innerhalb des Apple-Universums hat gewaltige Risse bekommen. Erstens verlangt tvOS für gewisse Aktionen rund um die Account-Verwaltung zwingend ein Gerät mit iOS oder iPadOS 16. Wer ein älteres iPhone oder nur ein iPad hat, ist somit erstmal aufgeschmissen. Oder: was tun Kunden, die gar kein Mobil-Gerät von Apple haben?

Es ist nicht gerade kundenfreundlich von Apple, Benutzer so abrupt von ihren eigenen Geräten auszusperren. Eine gewisse Abwärts-Kompatibilität wäre das Mindeste gewesen.
Archangel

Wer unter tvOS der Aufforderung neue Geschäftsbedingungen zu akzeptieren nachkommt, erlebt einen absolut Apple-untypischen Albtraum. Um überhaupt den Screen zum Akzeptieren zu erhalten, muss man den Account auf dem Apple TV zuerst abmelden und dann neu anmelden. Es kann aber gut sein, dass der rote Punkt im Einstellungs-Menü nicht verschwindet, da noch eine Account-Aktualisierung verlangt wird. Dies geht nur in Verbindung mit einem Mobil-Gerät mit iOS 16 oder iPad OS 16, womit wir wieder beim oben angesprochenen Problem wären. Dazu kommt, dass auf iPhone und Apple TV derselbe Account angemeldet sein muss. Da wir - wie andere Leute sicher auch - für Apps und Medien-Einkäufe nicht die persönlichen Accounts verwenden, mussten wir zuerst eines unserer iPhones passend einrichten und danach alles wieder rückgängig machen.

Ich musste danach Apple Pay neu einrichten und meine Watch hat die Achievements verloren… und all das um einen Account zu aktualisieren? Was Apple hier seinen Kunden zumutet, ist absolut unverständlich und eine Frechheit.
Monk-Trader

Ein so umständliches Prozedere haben wir im Umgang mit Apple noch selten gesehen - wer das entworfen hat, sollte sofort gefeuert werden!

Für die obige Liste übernehmen wir keine Garantie auf Vollständigkeit und leider ist davon auszugehen, dass nach der Veröffentlichung unseres Textes auch noch weitere Berichte mit neuen Probleme dazukommen. Man muss es sich mal auf der Zunge zergehen lassen, nehmen wir nur diese beiden Beispiele: Für ein iPhone 14 Pro Max mit 128 GB Speicher verlangt Apple stolze 1099 Dollar beziehungsweise 1299 Schweizer Franken. Und wer als “Pro-User” auch ProRes-Video aufnahmen in 4K aufnehmen will, muss für die 256 GB-Version noch mehr Geld hinblättern. Und die neue Apple Watch Ultra beginnt preislich bei 799 Dollar beziehungsweise 849 Schweizer Franken.

Quelle: Pixabay

Doch was bekommt man dafür? Beim Leck geschlagenen Flagg-Schiff lassen sich die Löcher zwar scheinbar mit Software-Updates nachbessern. Doch ist es das, wofür man als Kunde so viel Geld hinblättern soll? Wer bereits ein Gerät vorbestellt hat, wird sich freuen, wenn die Auslieferung sich um ein paar Wochen verzögert - bis dann hat Apple hoffentlich die Bugs beseitigt. Spöttisch sagte man früher, Technik-Produkte reifen beim Kunden. Heute reift das iPhone im Container auf dem Weg von China nach Europa, um nach dem Kauf als erstes die lebensnotwendigen Updates zu erhalten. Und wer noch mit dem Gedanken eines Neu-Kaufs spielt, wird es sich vielleicht auch zwei Mal überlegen, denn auch andere Hersteller haben auch schöne Töchtern - wenn da nur nicht das Ökosystem mit seinen Käfiggittern aus Gold wäre.

Bei macOS für Notebooks und iMacs steht mit macOS 13 Ventura die Veröffentlichung für den Oktober an. Für uns ist es “Tradition”, mit der Installation zu warten, bis die ersten Updates veröffentlicht wurden.

Und es ist nicht das erste Mal, dass sich Apple mit fehlerbehafteten Releases den Herbst verhagelt. Man sollte sich in Cupertino mal die Frage stellen, ob es wirklich Sinn macht, jedes Jahr eine neue Betriebssystem-Version für die verschiedenen Plattformen herauszubringen.

Apple hat sich dem Release der neuen OS-Versionen und der neuen iPhone- und Watch-Hardware übernommen. Man kann es nicht anders ausdrücken.
Archangel

Die Software-Abteilung ist offenbar nicht mehr in der Lage, auf ein lange vorher festgesetztes Datum hin ein marktreifes Produkt zu liefern, das ohne Probleme auch auf den neuen Geräten läuft oder wie unser Beispiel mit tvOS zeigt, bestehende Kunden zur Weissglut treibt. Und dies obwohl nach der Entwickler-Konferenz WWDC im Juni mehrere Beta-Versionen publiziert werden, die dann ausgiebig getestet werden. Das sollte man wenigstens meinen, oder ist es niemandem aufgefallen, dass wie schon erwähnt, die Kameras des neuen iPhone unscharfe Bilder machen? Apple hat grosse Probleme beim Qualitätsmanagement, das lässt sich nicht mehr anders ausdrücken.

Tim Cook soll sich auf dem Oktober-Fest schon mal Mut angetrunken haben, bevor er sich mit deutschen Apple-Kunden getroffen hat...

...aber mal Scherz beiseite: Nicht nur die Software von Apple lässt zu wünschen übrig. Für die Kommunikation gilt dasselbe. Wer hochpreisige “best ever-“Produkte anbietet, sollte auch dafür geradestehen, wenn man Mist gebaut hat und den Kunden statt dem einzigartigen Apple-Erlebnis nur Frust beschert hat. Die einsilbigen Verlautbarungen aus Cupertino schaffen weder Vertrauen noch werden sie zu Recht verärgerte Kunden besänftigen.

So ist es ein schwacher Trost, dass mit iOS 16.0.2 bereits ein paar Fehler behoben wurden. Mit iOS 16.0.3 soll in den nächsten Tagen ein weiteres kleines Update erscheinen. Das wäre die dritte Nachbesserung innerhalb von rund drei Wochen nach der Veröffentlichung! iOS 16.0.1 war ein exklusives Update für iPhone 14- und iPhone 14 Pro-Linien gewesen.

Und iOS 16.1 ist bereits in der “Beta-Phase” und soll im Verlauf vom Oktober frei gegebenen werden. Die Beta 4-Version hat allerdings bereits eine Kontroverse um die neu eingeführte Dynamic Island ausgelöst. Diese ist jetzt auf dunklem Hintergrund hell umrandet, was nicht allen Nutzern gefallen dürfte. Auch iPadOS 16 steht in den Startlöchern. Aber wie die entsprechende Ferengi-Erwerbsregel sagt: “Bugs are good for business” - oder war es doch eher “Bugs are bad for business”? Aber die wichtigste Regel ist und bleibt in diesem Fall: “Satisfaction is not guaranteed.”