Happy Birthday Star Trek

Happy Birthday Star Trek

Von Hitzestau - 08.09.2021

Heute gratulieren wir dem Star Trek-Franchise zu seinem 55. Geburtstag. Mit Fernsehepisoden und Kino-Filmen hat es uns unvergessliche TV- und Kino-Momente beschert - aber trotzdem können wir nicht aus vollem Herzen “live long and prosper” sagen.

Blenden wir kurz zurück: Es liest sich wie eine Nachricht aus einer weit, weit entfernten Galaxie. Am 8. September 1966 wurde im linearen Fernsehprogramm, genauer gesagt auf dem US-amerikanischen Network NBC, mit The Man Trap die allererste Episode einer Serie namens Star Trek ausgestrahlt.

Damals schaffte es die Serie mit William Shatner, Leonard Nimoy und DeForest Kelley in den Hauptrollen auf drei Seasons mit insgesamt 79 Episoden.

Über die Jahrzehnte hinweg ist daraus das bekannte Franchise mit 11 Fernsehserien, 13 Kinofilmen, Computer-Games, Romanen, Merchandise sowie Fan-Conventions und -Produktionen geworden. Star Trek hat in den vergangenen 55 Jahren eine abwechslungsreiche Geschichte mit vielen Produzenten, Drehbuchautoren, Schauspielern, Rechteinhabern, Reboots und Timelines hinter sich.

So bewegt wie die Geschichte des Franchise selbst ist auch unser Verhältnis zu Star Trek als ganzes und zu den einzelnen Serien und Filmen. Die erste Season von Star Trek: Discovery war für uns im Februar 2018 Anlass gewesen in Worte zu fassen, was Star Trek für uns persönlich bedeutet und auf die vergangenen Serien und Filme sowie die Verantwortlichen hinter den Kulissen und Kameras zurückzublicken. Der Text war absichtlich wie ein Nachruf auf einen verstorbenen Freund formuliert.

Uns war klar, dass es Star Trek in der Form wie wir es kannten und schätzten nie mehr geben wird. “Die Verantwortlichen haben bewiesen, dass man unter dem Label Star Trek in Zukunft nichts mehr mit Hirn und Seele erwarten kann” haben wir damals im Februar 2018 geschrieben - und wir sollten bis heute recht behalten. Das ist eine bittere Erkenntnis. Star Trek: Discovery war für uns der Todesstoss in das Herz von Star Trek, auch wenn wir schon mit Star Trek: Enterprise nie warm geworden waren. Und auch die Action-geladenen Reboot-Kinofilme unter der Regie von J.J. Abrams haben uns nicht zugesagt.

Star Trek: Discovery präsentierte zwar eine pervertierte Version von Gene Roddenberry’s Universum, doch war die Galaxie damals zum Glück gross genug für andere kreative Köpfe, die mit weniger Budget aber mit mehr Herz und Verstand ihre eigenen Star Trek-Geschichten erzählen wollten. Prelude to Axanar (wer es noch nicht gesehen hat, unbedingt auf YouTube anschauen) war um Längen besser als “Disco” und auch Star Trek: Continues bot uns glänzende Unterhaltung und machte deutlich, dass Produktionen in erster Linie eine Seele brauchen und nicht überdrehte visuelle Effekte, Lensflares und nervige Charaktere die sich für den Bauchnabel des Universums halten (Link auf Webseite mit allen Episoden). Beide Produktionen, wie auch andere Fan-Projekte finanzierten sich via Crowdfunding. Die Tatsache, dass das Star Trek von der “Basis” besser war, als das Star Trek der offiziellen Rechte-Inhaber, muss allen Studio-Verantwortlichen zu denken gegeben haben. So ist der Spielraum für Fan-Produktionen juristisch vor ein paar Jahren massiv eingeschränkt worden, was dazu geführt hat, das manche Projekt eingestellt oder komplett umgestellt wurden.

Und als ob es nicht noch schlimmer kommen könnte, schaffte es Star Trek Picard eine gewaltige Schippe obendrauf zu legen. Ikonische Charaktere wie Jean-Luc Picard und Data sowie alle Werte der Föderation und von Starfleet wurden hier durch den Fleischwolf gedreht und in eine dystopische Zukunft projiziert. Selbst das Spiegel-Universum erschien dazu im Vergleich wie ein Kinderspielplatz. Die einzelnen Episoden waren erschreckend schlecht geschrieben und bestanden oft nicht mehr als aus einer Aneinanderreihung von absurden und logikbefreiten Einzel-Ereignissen. Es fehlte schlicht an Kontinuität und Konsistenz. Es wurde keine für den Zuschauer erkennbare Handlung vorangetrieben. Zudem zudem verwickelten sich die Autoren oft in Widersprüche innerhalb einer einzelnen Episode oder von der einen zur nächsten.

Wie wir in unserem ausführlichen Review vom Mai 2020 geschrieben hatte, markierte der Abschluss der ersten Staffel von Star Trek: Picard für uns nicht nur das Ende der Legende "Jean-Luc Picard", sondern er bedeutete aus unserer Sicht auch endgültig das Ende von Star Trek, obwohl wir es ja eigentlich schon nach der ersten Staffel von “Disco” für tot erklärt hatten.

Das Karussell der Absurditäten dreht sich dessen ungeachtet munter weiter. So sind die zweite und dritte Season von Star Trek: Discovery auf Netflix veröffentlicht worden, die vierte wird im 2021 oder 2022 folgen. Auf die zweite Season von Star Trek: Picard muss man sehr wahrscheinlich bis 2022 warten, es kann aber auch 2023 werden, erste Trailer sind aber schon veröffentlicht. Die Zeichentrickserie Star Trek: Lower Decks läuft aktuell in der zweiten Season auf Amazon Prime. Star Trek: Prodigy ist für den Oktober auf Paramount+ angekündigt, wo auch Star Trek: Strange New Worlds mit der U.S.S. Enterprise unter dem Kommando von Captain Pike im kommenden Jahr auf eine Weltraum-Mission gehen wird.

Hauptverantwortlich für die Welle der Zerstörung sind J.J. Abrams und Alex Kurtzman, die wir beide gerne als “Franchise-Zerstörer" bezeichnen. Nicht vergessen darf man natürlich auch die entsprechenden Verantwortlichen in den Chefetagen von CBS und Paramount. Als Regisseur und Produzent brachte Abrams im 2009 mit seiner Firma Bad Robot eine Reboot-Version von Star Trek ins Kino. Damit wurde der Grundstein für die “Arbeit” von Kurtzman gelegt, der seit dem Start von Star Trek: Discovery im Auftrag von ViacomCBS mit seiner Produktionsfirma Secret Hideout für alle Star Trek-Produktionen verantwortlich ist. Der damalige CBS-Chef Leslie Moonves verschaffte Kurtzman den Vertrag, obwohl (oder gerade weil?) er selber mit Science-Fiction und mit Star Trek nichts anfangen konnte. Er war es sogar gewesen, der im Mai 2005 für die Absetzung von Star Trek: Enterprise gesorgt hatte. Dies bedeutete damals auch das Ende der Ära von Rick Berman, der als Nachfolger von Gene Roddenberry alle Serien von Star Trek: The Next Generation, über Deep Space Nine, Voyager und Enterprise verantwortetet hatte.

Der ursprünglicher Vertrag von Alex Kurtzman wurde kürzlich um fünf Jahre verlängert. Alle Gerüchte um einen erneuten “Reboot” von Star Trek sind damit eigentlich beendet, auch wenn sich spekulative Medienberichte um einen neuen Kino-Film hartnäckig halten oder von den Verantwortlichen hinter den Kulissen gezielt am Leben gehalten werden.

“Kurtzman-Trek” wird mit schlechten Drehbüchern, absurden Storyelementen und mit quer durch die ganze Pop-Kultur zusammengeklauten Ideen zumindest im Streaming die kommenden Jahre den Ton angeben. Star Trek wird weiterhin von Social Justice Warriors als Plattform für ihre Ideale missbraucht werden. Das Perverse daran ist, das Werte wie Gleichberechtigung eigentlich zu den Grundwerten von Star Trek gehören. Nur wie sie aktuell in Geschichten umgesetzt und wie mit Charakteren umgegangen wird, zeigt wie die heutigen Produzenten und Autoren keinerlei Respekt vor dem Erbe von Star Trek haben und Fans bewusst provozieren wollen. Hauptsache der “weisse alte privilegierte Mann” - ohnehin das Feindbild Nummer eins in Hollywood im Woke-Zeitalter - steht am Schluss wie ein Trottel da und man fragt sich als Zuschauer, wie man je auch nur daran gedacht haben konnte, so jemanden als Held zu verehren.

Als Franchise und immaterielles Eigentum befindet sich Star Trek seit Jahren aber auch in einer komplizierten rechtlichen Situation. Jahrelang waren CBS, Viacom und Paramount getrennte Unternehmen, seit 2019 sind alle wieder unter dem Dach von ViacomCBS vereint, was auch immer das für die weitere Zukunft des Franchise heisst. Aber die Aufteilung auf mehrere Unternehmen, deren Chefetagen jeweils unterschiedliche Interessen verfolgten, hat Star Trek als Ganzes sicher nicht gut getan. Damit verknüpft ist auch die seit Jahren andauernde Debatte um eine Lizenz an Bad Robot, unter der seit 2009 alles was den Namen Star Trek trägt, produziert wird, egal ob fürs Kino oder fürs Streaming. Diese soll verlangen, dass alles “mindestens 25 Prozent” anders sein soll, als man es von Star Trek bisher kannte. Zusammen mit der daraus resultierenden Kelvin-Timeline, die im Kinofilm von 2009 eingeführt wurde, dominiert in gewissen Kreisen die Frage der Lizenz die Diskussion um die kreative Ausrichtung von Star Trek. Wer dazu mehr wissen will, findet auf dem YouTube-Kanal von Midnight's Edge das Video mit dem Titel Why the Star Trek Prime Timeline is NOT Canon, das einen guten Einstieg ins Thema bietet.

Aber auch aus rein wirtlicher Perspektive sieht es nicht so rosig aus. Der Streaming-Dienst Netflix hat es abgelehnt, ausser Star Trek: Discovery weitere Serien mit zu finanzieren. Für ViacomCBS wird es zunehmend schwieriger, internationale Vertriebspartner und damit auch Geldgeber für neue Serien zu finden. Für Star Trek: Picard und mit Verzögerung für Star Trek: Lower Decks übernahm Amazon Prime Video diese Rolle. Im Heimatmarkt USA findet parallel dazu der Umbau vom eigenen Streaming-Dienst CBS All Access zu Paramount+ statt. Zudem verbreiten Berichte über finanzielle Schwierigkeiten von ViacomCBS inklusive Spekulationen, ob die Rechte an Star Trek verkauft werden, Unsicherheit. Dazu passen auch die laufenden Ankündigungen von neuen Serien oder dem vierten Kino-Film, die dann nie in Produktion gehen, aber sie halten Star Trek in Medien. Über einen vierter Kino-Film wird schon seit Jahren spekuliert, viele Regisseure und Autoren wurden schon damit in Verbindung gebracht. So beispielsweise auch Quentin Tarantino, der sicher eine sehr eigenwillige Interpretation von Star Trek auf die Leinwand gebracht hätte.

Eng mit der Frage nach der wirtschaftlichen Situation ist auch die Frage nach der Akzeptanz von “Kurtzman-Trek”. Die Spaltung und Kontroversen im Fandom sind offensichtlich - unsere oben verlinkten Artikel sind auch eine Stimme davon. Keine der neuen Serien hat bisher bei uns den Wunsch ausgelöst, sie ein zweites Mal zu schauen. Ganz im Gegensatz zu Deep Space Nine, wo der letzte Re-Watch für uns knapp zwei Jahre zurückliegt. Auf YouTube sind es die Kanäle von Doomcock (Overlord DVD), Midnight's Edge und Nerdrotic, die regelmässig gegen das, was gegenwärtig unter dem Namen Star Trek produziert wird, zu Felde ziehen. Mit Verweis auf Insider-Quellen und der Warnung alles gesagte mit Vorsicht zur Kenntnis zu nehmen (“take this with a grain of salt…”) streuen sie Gerüchte und unbestätigte Meldungen über Vorgänge hinter den Kulissen der einzelnen Produktionen. Bei ihren Spekulationen über einen bevorstehenden Abgang von Alex Kurtzman und andere “Breaking News” ist wohl meist der Wunsch der Vater des Gedankens - denn erkennbar etwas verändert hat sich bei ViacomCBS bisher nicht. Der verhasste Alex Kurtzman scheint sogar noch fester im Sattel zu sitzen.

Aber es geht weit darüber hinaus. Die Einschaltquoten von Star Trek: Discovery im Free-TV auf CBS sind unterirdisch, vor allem wenn man bedenkt, dass die Serie auf einem der grössten Networks in den USA läuft. In den Quoten liegt sie sogar hinter Wiederholungen von älteren Sendungen zurück. Dies ist natürlich besonders interessant, da Streaming-Anbieter bis heute keine Zahlen veröffentlichen, aus denen man ablesen kann, wie populär eine bestimmte Serie wirklich ist. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass es sich streng genommen ebenfalls nur um eine Wiederholung handelt, da viele Interessierte die Serie bereits im Streaming gesehen haben dürften.

Generell hat Star Trek: Discovery die Vermarktung von allem, was den Namen Star Trek trägt, nachhaltig beschädigt. Die Nachfrage nach Merchandise, ebenfalls eine wichtige Einnahmequelle, ist regelrecht zusammengebrochen. Für die neuen Serien gibt nur wenig Lizenznehmer, die überhaupt Artikel produzieren wollen. Und auch die verschiedenen Roman-Serien müssen Rückschläge in Kauf nehmen: der Verkauf von älteren Titeln ist eingebrochen und die Veröffentlichungen von neuen Büchern wird verzögert oder zusammengestrichen.

So können wir diesen Teil unseres Artikels nur mit der traurigen Feststellung abschliessen, dass die Chefetage von ViacomCBS offensichtlich nicht bereit ist, die Signale zu hören und entsprechend zu handeln. Mit insgesamt fünf Serien, die sich in Produktion befinden, ist es auch gegenwärtig sehr unwahrscheinlich, dass man Star Trek eine Weile ruhen lässt und eine neue Generation von Produzenten und Autoren irgendwann in der Zukunft einen neuen Anlauf nimmt.

Aber es gibt auch erfreulicheres zu vermelden. In den vergangenen Jahren haben wir uns an den Crowdfunding-Kampagnen zu den Dokumentationen For the Love of Spock (kann auf Netflix gesehen werden), What we left behind und To the Journey beteiligt. Gerade die Deep Space-Nine-Doku von Ira Steven Behr, die veröffentlich wurde als Star Trek: Discovery schon auf Netflix lief, hat uns wieder in Erinnerung gerufen, dass Star Trek mehr ist als eine Abfolge von auf visuellen Hochglanz polierten Absurditäten, auf die es von den heutigen Machern reduziert wird.

Aber auch das Online-Rollenspiel Star Trek Online, welches letztes Jahr sein zehnjähriges Bestehen feierte, liefert ein wohltuendes Kontrastprogramm. Insbesondere der DS9-Handlungsbogen zeigt, dass es immer noch Leute gibt, die im Star Trek-Universum gute Stories erzählen können und wollen und die es weiter entwicklen ohne es zu zerstören oder Plots und Charaktere für eine “Social Justice”-Agenda zu missbrauchen.

Was Gene Roddenberry, der Erfinder von Star Trek zum aktuellen Zustand seines Kindes sagen würde, wollen wir hier nicht einmal wagen zu spekulieren. Tatsache ist aber, dass nun auch sein Leben in einem Film gewürdigt werden soll. Dies wurde anlässlich von seinem hundertsten Geburtstag am 19. August 2021 bekannt gegeben.

Zum Abschluss unserer doch sehr langen Gratulation zum 55. Geburtstag betonen wir nochmal, dass wir bei unserer Aussage bleiben, dass Star Trek an die Wand gefahren und tot ist. Die Verdienste von Rick Berman, Michael Piller, Ronald D. Moore, Jeri Taylor, Brannon Braga, René Echevarria, Ira Steven Behr und vielen anderen sind angesichts dessen rückblickend betrachtet umso grösser und wichtiger. Es mag eine kleine Hollywood-Ironie sein, Braga ist heute ausgerechnet als Produzent und Autor für The Orville tätig. Die im Jahre 2017 gestartete Serie ist eine eigenständige Kreation von Seth MacFarlane. Anleihen bei The Next Generation und anderen Star Trek-Serien sind jedoch nicht zu übersehen. Auf vielen Leveln haben die Abenteuer der Crew des Forschungsschiff “Orville” mehr von Star Trek in sich als alles was aus der Küche von Alex Kurtzman kommt.

So sagen wir “Happy Birthday!” - aber nicht für die aktuellen Leistungen, sondern für die “herausragenden Verdienste” in der Vergangenheit. Star Trek hat wie kein anderes Franchise unser Herz berührt, unsere Fantasie beflügelt, unser Leben mit beeinflusst und uns Trost und Halt gegeben, wenn es uns schlecht ging. Dafür geht an diesem Tag unser tiefer Dank an Alle vor und hinter den Kameras, die ihren Beitrag dazu geleistet haben, wo auch immer ihr heute seid - irgendwo “far beyond all those distant stars…”