Ein zentrales Element in einem Wasserkühlungskreislauf sind die Waterblöcke. Sie sitzen als Kühler direkt auf Komponenten wie CPU oder Grafikkarte und werden von Wasser durchströmt, um die Wärme abzutransportieren. Aber was braucht es, um einen Kühler herzustellen? Wir schauen heute jemandem über die Schulter, der Waterblocks herstellt und verkauft: Viele von Euch kennen ihn hauptsächlich als al_bundy oder Al_ aus verschiedenen Foren: Marc Gaser von Liquid Extasy gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen seiner Werkstatt.
hitzestau: Hallo Marc, erzähl doch mal was von dir... die meisten kenne dich sicher nur im Zusammenhang mit dem Bau von Waterblocks...
Marc: Ich bin 1985 geboren worden, zu meinen Hobbies gehören Tischtennis, Lautsprecherbau und Casemodding. Zum Tischtennis spielen komme ich leider nur noch selten, da ich die meiste Zeit entweder am PC oder an der Fräse hänge. Wenn du eine Berufsbeschreibung haben willst, würde "Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Wasserkühlungskomponenten" es ganz gut zusammen fassen.
Ein GTX Titan Kühler von Liquid Extasy
hitzestau: Wie hast du mit dem Thema WaKü angefangen, also wann und warum hast Du zum ersten Mal einen PC mit Wasserkühlung ausgerüstet?
Marc: Schon als ich 14 war, hat mich das Thema interessiert. Als ich meine Ausbildung als Anlagenmechaniker begann, habe ich beschlossen, mir selber einen Kühler zu bauen. Kupfer als Material war sozusagen mein Freund. Alles fing mit dem Alvis 1.0 an, der damals in den Charts von watercoolplanet.de als bester Nicht-Düsenkühler aufgeführt war. Den Ausgleichsbehälter habe ich aus einen Stück Acrylrohr und einem Stück Polycarbonat selbst gebaut. Die übrigen Komponenten habe ich mir bei Ebay ersteigert.
hitzestau: Wie muss man sich die WaKü-Szene von damals aus heutiger Sicht vorstellen?
Marc: Es hat sich nicht viel geändert. Aber es ist viel ruhiger geworden. Damals gab es mehr Bastler und einen grösseren Konkurrenzkampf um den besten Wasserkühler. Heute haben Grafikkartenkühler mehr Aufmerksamkeit als CPU-Kühler. Rein optisch hat sich in den letzten fünf Jahren viel getan. Früher sah alles eher plump und funktional aus. Heute sind Design und Usability massgebend am Erfolg beteiligt.
hitzestau: Du hast den Begriff "Düsenkühler" erwähnt. Kannst Du kurz erklären, was das ist?
Marc: Beim Düsenkühler wird das Wasser durch viele kleine Löcher oder auch durch vereinzelte Düsen gespritzt. Dadurch erhöht sich die Fliessgeschwindigkeit dramatisch, was wiederum eine bessere Kühlleistung bedeutet. Bei High End-Kühlern muss man einen gesunden Kompromiss aus Durchflussrate und Fliessgeschwindigkeit finden, weil beides von einander abhängig ist.
hitzestau: Was für andere Typen von Kühlern gibt es noch?
Marc: Es gibt noch Kanal- und µStrukturkühler. Diese unterscheiden sich hauptsächlich durch die Breite der Kanäle, durch die das Wasser fliesst. Bei den Kanalkühlern liegt diese bei rund 28mm²-65mm² Millimeter, bei den µStrukturkühler handelt es sich – wie der Name schon sagt – um sehr feine Strukturen. Als speziellen CPU-Kühler kann man den DOD-Kühler erwähnen. Hier wird das Wasser ohne Düsenplatte direkt auf den DIE geleitet.
Bei diesem Grafikkartenkühler sieht man gut die feinen Kanälen, die über den GPU führen.
hitzestau: Und noch eine Frage zum Kupfer, das du als deinen "Freund" bezeichnest. Warum wird Kupfer für den Bau für den Wasserkühlern verwendet?
Marc: Beim Kupfer ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis sehr gut: Es ist relativ kostengünstig und verfügt über eine hohe Wärmleitfähigkeit. Zudem lässt es sich sehr gut fräsen und bohren, in der Fachsprache nennt man das "Zerspanbarkeit". Reines Silber beispielsweise wäre zu weich und als Material viel teurer. Alu und Messing eigenen sich ebenfalls nicht für Kühler, aber kann man für andere Projekte verwenden.
hitzestau: Deinen ersten Kühler hast du schon als Jugendlicher gebaut. Heute hast Du eine Firma, die Wasserkühler herstellt. Wie lange gibt es Liquid Extasy schon? Was sind deine wichtigsten Produkte und was ist Dir bei deiner Arbeit wichtig?
Marc: Was als Hobby angefangen hat, habe ich zum Beruf gemacht. Die Firma Liquid Extasy habe ich im Sommer 2008 gegründet. Ausser mir beschäftigt Liquid Extasy keine Mitarbeiter. Ich produziere hauptsächlich Kleinserien und Einzelanfertigungen. Meine wichtigsten Produkte sind die Grafikkartenwasserkühler und das Kühlmittel Liquid Protect Supreme. Zu meinen Dienstleistungen gehören auch die Entwicklung von Kühlern, die noch nicht im Sortiment sind und Spezialanfertigungen.
hitzestau: Wenn man wie Du Waterblocks bauen will, über welche Kenntnisse sollte man da verfügen?
Marc: Man muss eine CNC-Fräse bedienen und in CAD zeichnen können. Wenn man sich mit dem Erstellen von Strömungssimulationen auskennt, hilft das bei der Entwicklung. Ich habe alles aus Foren heraus gelernt und mir selber beigebracht.
hitzestau: Wie viele Waterblocks hast du schon gebaut? Und wie viele Arbeitsstunden stecken in einem Prototyp?
Marc: Ich schätze etwa 2000 Stück. Für einen Prototyp investiere ich zwischen 8 bis 12 Stunden. Um dann einen zweiten gleichen Block zu bauen, brauche ich dann nur wenige Stunden.
hitzestau: Wenn ich eine Grafikkarte habe und eine Kühler dafür möchte, wie gehst du dann vor?
Marc: Der Kunde schickt mir die Karte zu, damit ich sie vermessen kann. Dann erstelle ich einen Entwurf in Form von Renderbildern, die ich ihm zuschicke. Wenn der Kühler fertig ist, montiere ich ihn auf die Karte und dann wird er getestet. Der gesamte Ablauf dauert rund 20 Tage
hitzestau: Kann der Kunde das äussere Design mitbestimmen, zum Beispiel Muster und Gravuren im Deckel?
Marc: Ja, das berücksichtige ich auch. Je nachdem wird dann aber ein Aufpreis fällig.
hitzestau: Lass unsere Leser doch dir mal über die Schulter schauen, wie du einen neuen Waterblock planst und baust.
Marc: Gerne, ich zeige Euch am besten ein paar Bilder von einem CPU-Block, den ich für den Meisterkühler Contest 2012 gebaut habe. So wird dieser am Schluss aussehen, wenn er fertig ist:
Fertiger CPU-Kühler für den Meisterkühler Contest 2012
hitzestau: Das ist aber ein sehr originelles Design... aus welchen Teilen besteht der fertige Kühler?
Marc: Der Kühler ist komplett aus Kupfer gefertigt. Die Bodenplatte ist 3mm dick. Die aufwendig gebohrte Düsenplatte ist das Herz, hier musste ich einen guten Kompromiss aus Kühlleistung und Durchfluss finden. Weitere Bestandteile sind der Deckel (10mm dick) und die Zwischenplatte mit den Halterungen für den Sockel auf dem Mainboard.
CPU-Kühler in Einzelteilen
Bodenplatte mit eingesetzter Düsenplatte
hitzestau: Was waren die ersten Arbeitsschritte?
Marc: Entworfen hab ich den Kühler zuerst im CAD und Strömungssimulationen gemacht:
Strömungssimulation
Strömungssimulation
Strömungssimulation
Strömungssimulation
Dies ist meine CNC Fräsmaschine, eine umgebaute Bf20 Vario mit einer HSD HF-Spindel:
CNC Fräsmaschine
Und diese Maschine ist ein Eigenbau:
CNC Fräsmaschine
hitzestau: Zeig uns doch mal, wie der Deckel gefräst wurde...
Marc: Die folgenden Bilder geben einen kleinen Einblick in die Produktion des Deckels. In einen 10 Millimeter dicken Kupferblock habe ich zuerst die Unterseite gefräst, wie Ihr auf dem ersten Bild sehen könnt. Die weiteren Bilder zeigen die Entstehung der Oberseite. Nach dem Fräsen musst der Deckel aus dem Kupferblock herausgesägt werden und wurde abschliessend poliert.
Ausfräsen des Deckels aus einem Kupferblock
Ausfräsen des Deckels aus einem Kupferblock
Ausfräsen des Deckels aus einem Kupferblock
Ausfräsen des Deckels aus einem Kupferblock
Ausfräsen des Deckels aus einem Kupferblock
Werkzeug
Poliermaschine
Fertig ausgefräster Deckel
hitzestau: Das sind ja recht viele Arbeitsschritte, und hier ging es nur um den Deckel des Kühlers. Du hast bereits die Düsenplatte angesprochen... was ist eigentlich deren Funktion in einem Kühler?
Marc: Für die Düsenplatte habe ich verschiedene Designs vorgesehen gehabt, die unterschiedliche Auswirkungen auf Durchfluss und somit die Kühlleistung hatten. Hier die verschiedenen Strukturen:
Auswahl an Düsenplatten
Auswahl an Düsenplatten
hitzestau: Was waren heikle Arbeitsschritte bei der Produktion?
Marc: Bei der Bodenplatte waren die feinen Schlitze, um die Pins zu machen, eine sehr heikle Phase, da ist schon mal was abgebrochen.
Feinarbeiten an der Bodenplatte
Feinarbeiten an der Bodenplatte
hitzestau: Was ist eigentlich generell die Funktion von solchen feinen Strukturen in einem Wasserkühler?
Marc: So entsteht eine grössere Fläche, wo der Wärmeaustausch zwischen Kupfer und Wasser stattfinden kann. Zudem wird die Fliessgeschwindigkeit erhöht.
hitzestau: Man sieht, das du viele Arbeitsstunden und Herzblut investiert hast... ich nehme mal an, es waren mehr als die 12 Stunden für eine Prototyp, die du oben erwähnt hast?
Marc: Ja, ich glaube alles zusammen gezählt waren es etwa 3-4 Arbeitstage.
hitzestau: Wow, das ist ja recht viel Zeit... Machen wir einen Zeitsprung nach vorne und zeigen den Lesern, wie der fertige Kühler ausgesehen hat:
Fertiger CPU-Kühler in Einzelteilen
Fertiger CPU-Kühler in Einzelteilen
Fertiger CPU-Kühler (Oberseite)
Fertiger CPU-Kühler (Unterseite)
hitzestau: Und wie hast du beim Wettbewerb abgeschnitten und warst du mit den Messergebnissen deines Kühler zufrieden?
Marc: Bei Performance habe ich den zweiten Platz belegt, wobei das meiner Meinung nach nicht viel aussagt. Das Problem war, dass sich die Bodenplatte des Kühlers nicht ordnungsgemäss an den IHS des CPU angepasst hat. Somit konnte der Kühler nicht seine volle Performance ausschöpfen. Der IHS auf dem Grill von Meisterkühler war etwas zu "plan" für meinen Kühler. In der Regel sind die IHS etwas krummer, wodurch sich die Bodenplatte besser anpassen kann. Mit mehr Anpressdruck wäre es sicher auch besser gewesen. Auf einem anderen Grill kann es dann schon wieder ganz anders aussehen. Auf meinem Grill zuhause hat der Kühler alle anderen Kühler, die ich getestet habe hinter sich gelassen. Mit Ausnahme des EK Supreme HF Fullnickel.
hitzestau: Für diejenigen, die mit dem Benchen von WaKü-Komponenten nicht so vertraut sind, müssten wir den Begriff "Grill" erklären...
Marc: Grill nennt man einen speziellen Testaufbau, um Komponenten zu testen und zwar immer unter denselben Bedingungen.
hitzestau: Wie testest Du die Prototypen von Kühlern, die du gebaut hast?
Marc: Wenn ich einen Kühler teste, befindet sich kein anderer im System, da das sonst das Ergebnis verfälschen würde. Wenn er sachgemäss montiert ist, wird für 60 Minuten Wasser durchgepumpt und ich lasse Benchtools wie Heaven Benchmark oder Prime95 laufen.
Testen von Prototypen auf dem Benchtable
Testen von Prototypen auf dem Benchtable
hitzestau: Jetzt haben wir einen Einblick in die Produktion von Waterblocks erhalten. Was sollte man tun, um lange an den Produkten Freude zu haben?
Marc: Die Pflege der Kühler fängt schon mit der Auswahl des richtigen Kühlmittels an. Es sollte einen lang anhaltenden Korrosionsschutz bieten und keine Flockenbildung verursachen, indem es den Weichmacher aus den Schläuchen langsam herauslöst. Diese können die feinen Finnen eines Kühlers verstopfen und damit die Kühlleistung beeinträchtigen. Zudem sollte man vor dem Zusammenbau alle Komponenten gut reinigen, damit keine Rückstände aus der Produktion in den Kreislauf gelangen. Das Kühlmittel Liquid Protect Supreme von Liquid Extasy erfüllt alle Anforderungen.
hitzestau: Marc, herzlichen Dank für die Zeit und dass Du unseren Lesern mit diesem Blick hinter die Kulissen einen Einblick in Deine Arbeit gegeben hast.
Spezialanfertigung Wasserkühler für die Voodoo 5 6000 (Vorder – und Rückseite)
Spezialanfertigung Wasserkühler für die Voodoo 5 6000 (Vorder – und Rückseite)
Im Interview hat Marc schon ein paar Sachen angesprochen: Auf der Webseite von Liquid Extasy findet Ihr alle laufenden Produkte-Neuheiten sowie mehr Informationen über die Spezialanfertigungen, die Marc ebenfalls anbietet: Das hat auch nicht nur mit Wasserkühlung für Computer zu tun: Frontplatten für Hifi-Bedienelemente, Gehäuse aus Leichtmetall oder diverse elektronische oder mechanische Bauelemente um nur eine kleine Auswahl zu nennen.
Die vollständigen Thread zum Meisterkühler Contest 2012 mit allen Bildern und Testergebnissen findet Ihr auf dem Forum von Meisterkühler.