Die Nikon Coolpix P1000 hatte bei ihrer Vorstellung sofort unser Interesse geweckt – ein 125-faches Megazoom um auch die weit entferntesten Motive dicht heranzuholen. Der Brennweiten-Bereich reicht von 24 mm Weitwinkel bis 3000 mm Tele (umgerechnet ins Kleinbild-Format).
Wie wir beim Fotografieren mit ihr selber festgestellt haben, gibt es zwei verschiedene Sichtweisen sich mit der Kamera auseinanderzusetzen. Jemand der hauptsächlich mit dem Smartphone fotografiert, begegnet der P1000 mit anderen Erfahrungen und Erwartungen als jemand, der seit Jahren mit einer Spiegelreflex-Ausrüstung unterwegs ist. Wir werden in unserem Erfahrungsbericht und im abschliessenden Fazit beide Sichtweisen versuchen zu berücksichtigen. Zuerst stellen wir nächsten Kapitel die wichtigsten Features der Kamera vor.
Die P1000 wird bei Nikon in der Rubrik Kompakt-Kamera geführt, ist aber auf Grund ihrer Bauweise und Grösse eine ausgewachsene Bridge-Kamera. Mit diesem Begriff werden Kameras bezeichnet, die nicht speziell auf Kompaktheit getrimmt sind, sondern sich durch ein grosses Zoom-Objektiv und einen elektronischen Sucher auszeichnen.
Nikon COOLPIX P1000. Quelle: Nikon
Von der Gehäusegrösse her kann sie es gut mit einer ausgewachsenen Spiegelreflexkamera aufnehmen, der Durchmesser der Frontlinse des fest verbauten Objektivs liegt sogar bei 77mm. Das Gehäuse ist robust und sehr sauber verarbeitet. Die Form mit dem massiven Griff auf dem der Auslöser sitzt, erinnert an eine Spiegelreflex-Kamera, auch wenn sich im Inneren definitiv kein Spiegel befindet. Die Kamera lässt dadurch aber sehr gut in der rechten Hand halten.
Hier sind die wichtigsten technischen Fakten zur Kamera:
- Bildsensor / Auflösung: 1/2,3-Zoll-CMOS-Sensor mit 16 Millionen Pixel
- Objektiv: NIKKOR 1:2,8 bis 1:8 / 4,3 bis 539 mm (24-3000 mm Kleinbild-Format)
- Sucher: elektronischer Sucher mit OLED-Display, Dioptrien-Anpassung
- Datenspeicher: SD, SDHC, SDXC
- Dateiformate: JPEG, RAW (NRW Nikon-eigenes Format), MP4 (H.264/MPEG-4 AVC, AAC-Stereo)
- Max. Bildgrösse (Foto): 4608 x 3456
- Max. Bildgrösse (Video): 2160/30p (4K-UHD)
- Bildstabilisator: optischer Bildstabilisator (VR)
- Zubehörschuh: Standard-Normschuh (ISO 518)
- Akku: Lithium-Ionen-Akku
- Gewicht: ca. 1415 g (mit Akku und Speicherkarte)
Zum Lieferumfang der Coolpix P1000 gehören:
- Trageriemen
- Objektivdeckel
- Lithium-Ionen-Akku
- Netzadapter mit Akkuladefunktion
- USB-Kabel
- Bajonett-Gegenlichtblende
Nikon COOLPIX P1000. Quelle: Nikon
Wenn man die Kamera einschaltet, geht ohne eingesetzte SD-Karte erstmal gar nichts. Um Einstellungen auszuprobieren oder auch nur das Zoom-Objektiv zu testen, muss zwingend eine Speicherkarte eingesetzt sein. In den Einstellungen lässt sich dies jedoch anpassen. Hat man diesen ersten Schritt gemacht, lohnt es sich mit der Bedienungsanleitung die wichtigsten Funktionen der Kamera anzuschauen.
Schon bei den ersten Testaufnahmen hatten wir den Eindruck, dass das gesamte Handling mit der Kamera einen eher trägen Gesamteindruck macht, also dass es immer sehr lange geht, bis man effektiv abdrücken kann. Das liegt an mehreren Dingen:
- Bedienungskonzept
- Langsames Zoom
- Sucher
Die Grundform des Gehäuses mag Nikon zwar von einer Spiegelreflex-Kamera übernommen haben, auf das Bedienungskonzept und somit auf die Platzierung der wichtigsten Bedienungs-Elemente trifft das jedoch nicht zu. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum man ein etabliertes und bewährtes Konzept zum Schlechteren hin verändert hat, denn man kann deshalb weniger rasch mit der Kamera hantieren und sich auf schnell bewegende Motive reagieren.
Die Probleme mit dem Bedienungs-Konzept fangen schon mit dem breiten Drehring am Objektiv an: Dieser dient der Einstellung der Belichtungs-Korrektur und nicht um die Brennweite zu verändern. Das Zoom lässt sich wie bei einer kleinen Kompaktkameras nur mittels einem Wippschalter anpassen, die P1000 bietet davon zwei: einen links am Objektiv, den anderen rechts beim Auslöser.
Nikon COOLPIX P1000. Quelle: Nikon
Und wenn man wie wir viel im Modus A (Zeitautomatik) fotografiert, muss man das Multifunktionsrad auf der Rückseite benutzen, um die Blende zu verstellen. Wenn man gleichzeitig durch den Sucher schauen will, um das Motiv nicht aus den Augen zu verlieren, ist das sehr mühsam.
Nikon COOLPIX P1000. Quelle: Nikon
Beim Zoom-Objektiv sind es zwei Dinge, welche zur Trägheit der Kamera beitragen: Der Wippschalter reagiert oft erst nach mehrmaligem Antippen und auch die Geschwindigkeit des Motors kann man getrost als eher langsam bezeichnen. Der Bildausschnitt lässt sich nicht sehr präzise wählen, immer wieder kommt es vor, dass man hin- und her zoomen muss, bis man das Bild so hat wie man es haben will. Ein Zoom-Objektiv, bei dem man wie bei einer Spiegelreflex mit der Hand drehen kann, ist da schneller und präziser. Ein schnelles Wechseln der Brennweite ist bei der P1000 nicht möglich, was sich besonders bei Motiven, die sich schnell bewegen, als hinderlich herausstellt.
Der digitale Sucher bietet eine helle Anzeige mit allen Informationen, die man braucht. Das Bild im Sucher flackert immer ganz leicht, was sehr unangenehm ist. So kann man auch nicht erkennen, ob das Motiv wirklich scharf ist. Man muss sich immer auf den Autofokus verlassen. Zudem reagiert der Sucher manchmal nur träge oder er dunkelt komplett ab, so dass man als Fotograf für einen Augenblick "blind" ist und nicht auf das reagieren kann, was sich vor der Linse abspielt.
Nikon COOLPIX P1000. Quelle: Nikon
Die oben beschriebenen Problembereiche der Coolpix P1000 basieren natürlich auf den Erfahrungen, die wir beim Fotografieren mit ihr gemacht haben.
Um die Coolpix P1000 zu testen, haben wir mehrere Fotoausflüge mit ihr unternommen. Eine Auswahl der Aufnahmen seht ihr gleich unten im Kapitel. Aufgenommen haben wir RAW und JPG (beste Qualität). Da zum Zeitpunkt unseres Tests weder Adobe Lightroom noch Capture One das RAW-Format der P1000 unterstützt haben, verwenden wir im Folgenden nur die JPG-Bilder.
Mit ihrem extrem starken Zoom-Objektiv scheint die P1000 gerade prädestiniert zu sein, um im Zoo Tiere bildfüllend abzulichten. Generell bietet die P1000 mit ihrem Tele-Zoom klar mehr Möglichkeiten zur Bildgestaltung als ein Smartphone.
Da Zootiere bei vielen Hobbyfotografen ein beliebtes Motiv sind, haben wir den Basler Zoo als Ziel von unserem ersten Fotoausflug gewählt. Tiere sind keine Profimodels, die auf Kommando in einer bestimmten Pose verharren. Sie sind gerne in Bewegung, als Fotograf muss man oft schnell reagieren können – sonst ist das Tier schon wieder abgetaucht oder hat sich weggedreht. Das war eine Erfahrung, die wir jedoch immer wieder gemacht haben.
Hier ist das Flusspferd nicht richtig scharf...
Flusspferd nicht richtig scharf
...und hier ist es schon weg – verdammt!
Die Giraffe schritt zwar nur gemächlich durchs Gehege, aber bis wir mit dem Zoom den richtigen Bildausschnitt hatten, hatte sie sich schon weggedreht. Und auch die Schärfe hat der Autofokus nicht optimal hinbekommen, was jedoch im Sucher im Moment des Fotografierens nicht zu erkennen war.
Die Trägheit steht der P1000 im Weg wenn wir mal ihre "Zootauglichkeit" beurteilen wollen. Und auch von der Vorstellung allen Tieren mit dem Superzoom sozusagen in die Augen sehen zu können, mussten wir uns bald verabschieden. Das Megazoom mag zwar rein technisch beeindruckend sein, im Zoo lässt es sich nur bedingt einsetzen – ab etwa einer Brennweite von 600mm (umgerechnet auf Kleinbild) kommt man in einen Bereich, wo man die Kamera nicht mehr ruhig halten kann. Den richtigen Bildausschnitt zu erwischen wird dann zum Glücksspiel. Hier sind zwei Aufnahmen, die vom Bildausschnitt her nicht gut gelungen sind, beim kleinen Zebra sind die Füsse abgeschnitten und bei der Antilope ist der Kopf zu stark in der linken unteren Ecke platziert.
Manche Tiere lassen keinen Zweifel daran, dass sie merken, dass sie fotografiert werden. Diese Antilope hier hat mit den Ohren auf jede Zoom-Bewegung und jede Neujustierung des Autofokus reagiert.
Mit der P1000 lassen sich aber auch vorzeigbare Aufnahmen im Zoo machen, nur hat man als Fotograf oft das Gefühl, gegen sie kämpfen zu müssen, denn sie macht es einem nicht gerade leicht. Hier als Abschluss unseres Zoobesuchs noch ein paar Beispiele:
Nach unseren Erfahrungen im Zoo haben wir dem Super-Zoom mal systematisch auf den Zahn fühlen wollen. Die maximale Brennweite von 3000 mm lässt sich aus der freien Hand so gut wie unmöglich benutzen.
Das linke Bild ist mit Weitwinkel aufgenommen, das rechte mit dem maximalen Zoom. Hier werden Schärfe, Verwackeln und Bildausschnitt zu problematisch. Das Fotografieren mit dieser Brennweite ist ungefähr so, als wolle man aus grosser Entfernung einen Stecknadelkopf treffen. Den richtigen Bildausschnitt zu erwischen wird – wie schon bei unseren Zoo-Erfahrungen gesagt – zum Glücksspiel. Wir empfehlen deshalb auf jeden Fall ein Stativ zu verwenden.
Der Zoomvorgang selbst geht wie bereits erwähnt eher langsam vonstatten und man spürt deutlich wie das Übergewicht nach vorne zunimmt, wenn man das Zoom weiter ausfährt. Um einen besseren Eindruck vom gesamten Zoomumfang zu bekommen, haben wir von einem Parkhaus heraus diese Bilderserie gemacht. Wir haben dafür ein Stativ verwendet.
Das untere Bild zeigt bei vollem Weitwinkel (24 mm) den Blick in Richtung dem Fernsehturm von St. Chrischona. Sehen kann man ihn allerdings auf dem Bild kaum, Ortskundige werden wissen, dass er sich ziemlch genau in der Bildmitte befindet. Die Luftlinie zwischen dem Turm und unserem Standort (Parkkaus Messe Basel) beträgt rund 6.5 Kilometer.
Das nächste Bild ist mit derselben Blickrichtung aufgenommen, allerdings bei maximalem Tele (3000 mm). Deutlich sieht man die Unschärfe, die durch Dreck in der Luft und Brechungen an Luftverwirbelungen entsteht.
Um den ganzen Zoom-Bereich etwas besser zu veranschaulichen, hier ein paar Zwischenschritte:
Und hier zum Abschluss nocheinmal das Bild mit dem maximalen Weitwinkel.
Wenn man in einem Brennweiten-Bereich bleibt, den man ohne Probleme aus der Hand verwacklungsfrei halten kann, bietet die P1000 – wie bereits gesagt – mit ihrem Telezoom aber auch viele kreative Möglichkeiten zur Bildgestaltung. Insbesondere für jemanden, der bisher nur mit einem Smartphone fotografiert hat, eröffnen sich da ganz neue Welten.
Aus unserer Erfahrung heraus eignen sich dafür aber eher ruhige Motive, da der schnelle Schnappschuss – wie wir mit unseren Erfahrungen im Zoo beschrieben haben – nicht zu den Stärken der P1000 gehört. Hier sind ein paar ganz klassische Beispiele mit Weitwinkel versus Tele.
Den Hintergrund bei Objekten – oder auch Personen bei der Portraitfotografie – in der Unschärfe verfliesen zu lassen, ist mit der P1000 eine kleine Herausforderung. Bei mittlerer Brennweite ist die Blendenöffnung nicht mehr so gross, das macht es schwierig ein schönes Bokeh zu erzeugen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man mit dem Abstand von Objekt und Hintergrund, der Distanz zur Kamera sowie der Brennweite etwas herumexperimentieren muss. Hier ein recht gut gelungenes Beispiel:
Was uns auch gut gefallen hat, ist wie die Kamera mit etwas komplexeren Lichtsituationen – zum Beispiel wenig Tageslicht oder viel Licht und Schatten im gleichen Bild – zurecht kommt. Dazu hier ein paar Beispiele:
Für bestimmte Motive wie etwa Nahaufnahmen bietet die P1000 voreingestellte Programme. Diese lassen sich schnell über das Funktionswählrad erreichen. Die beiden folgenden Bilder sind ohne Stativ aus der freien Hand entstanden.
Zum Abschluss unseres Erfahrungsberichts hier noch ein paar weitere Aufnahmen.
Die P1000 unterstützt die Smartphone App SnapBridge von Nikon. Damit lassen sich unter anderem während dem Fotografieren die GPS-Daten für jedes Bild mit aufzeichnen, die Bluetooth-Verbindung zwischen Kamera und Smartphone muss dazu aber laufend aktiv sein.
Die App kann auch als Fernsteuerung und -Auslöser verwendet werden, auch hier spürt man immer eine kleine Verzögerung bei der Übertragung der Befehle und der Anzeige auf dem Smartphone-Display.
Mit Snapbridge wird aber auch ein anderer Workflow möglich, die gemachten Bilder (wenigstens im JPG-Format) von der Kamera aufs Smartphone zu bekommen. Via WLAN kann man die Bilder aufs Smartphone herunterladen und von dort weiterversenden oder in Social Media-Kanälen teilen. Da bei unserem iPhone die iCloud-Synchronisation aktiv ist, konnten wir dann via die Photos-App die Bilder auch auf dem Desktop-Rechner nutzen.
Auch nach mehreren Foto-Ausflügen mit der Coolpix P1000 bleibt es für uns unverständlich, warum Hersteller Nikon sich hier von seinem etablierten Bedienungskonzept verabschiedet hat. Als Benutzer kann man daraus keinen Vorteil ziehen – es macht aus unserer Sicht schlicht keinen Sinn, am Objektiv mittels Drehring die Belichtungskorrektur zu verstellen. Dorthin gehören eigentlich Zoom und Fokussierung. Vor allem als Spiegelreflex-Fotograf kämpft man ständig mit dieser Unlogik im Bedienungskonzept der P1000. Für den Smartphone-User bietet sie mit ihrem Zoom-Objektiv ohne Zweifel viel mehr kreative Möglichkeiten in der Bildgestaltung, aber auch er wird mit der allgemeinen Trägheit des Kamerasystems zu kämpfen haben.
Zudem flackert das Sucherbild ständig ganz leicht, was bei einem von uns zu Kopfschmerzen geführt hat. Darum ist auch nicht möglich zu beurteilen, ob das Motiv wirklich scharf ist. Man muss sich immer blind auf den Autofokus verlassen, der jedoch ab und zu Mühe hat, das Hauptmotiv im Bild zu erkennen und entsprechend die Schärfe darauf auszurichten.
Als so genannte "Bridge-Kamera" steht die Coolpix P1000 zwischen zwei Foto-Welten, vielleicht liegt es daran, dass wir die Idee der Kamera nicht ganz einordnen können. Im Portfolio von Nikon gibt es in der Preiskategorie der P1000 bei den Spiegelreflex-Kameras so genannte "Einsteiger-Sets", welche das bessere Bedienungskonzept und erst noch mehr Flexibilität und Ausbaumöglichkeiten bieten. Auf ein Mega-Zoom mit 3000 mm Brennweite muss man dann zwar verzichten, aber da man diese extreme Brennweite im Fotoalltag eh nur sehr selten verwenden kann, ist dies nicht weiter schlimm. Allerdings muss man schon anerkennen, dass es eine enorme technische Leistung ist, ein derart kompaktes Zoom mit einer solchen Brennweite zu bauen.
An der Qualität der Bilder selbst gibt es aus unserer Sicht nichts auszusetzen, gerade schwierige Lichtsituationen meistert die P1000 sehr gut.
Die kompakte Konstruktion der Coolpix P1000 mit einem fest verbauten Objektiv – sich also nicht mit dem Wechseln von Linsen auseinandersetzen zu müssen, ist sicher auch ein Pluspunkt. Dies wiegt jedoch die Nachteile, also das unlogische Bedienungskonzept und die allgemeine Trägheit nicht auf.